Der Zaun des Anstoßes
Vor dem Gericht wird wieder „Waldhäusl muss weg“skandiert. Drinnen sitzt Besagter auf der Anklagebank, als Zeugin will die NÖ-Landeshauptfrau „Aufklärung leisten“. . .
Stacheldraht um eine Asylunterkunft für jugendliche Flüchtlinge. Was 2018 und jeden Verhandlungstag diverse Organisationen empörte, ist seit Anfang Februar Gerichtsalltag in St. Pölten. Angeklagt sind der für Asylfragen zuständige Landesrat Gottfried Waldhäusl und eine Mitarbeiterin – wegen Amtsmissbrauch.
Schon 2018 sagte NÖLandeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, dass ein Stacheldrahtzaun „dort nichts verloren“habe. Als Zeugin vor Gericht befragt, bekräftigte sie „ihre Assoziation mit einem Gefängnis“.
Vier Tage nach Eröffnung wurde die Unterkunft auch gleich wieder geschlossen, Mikl-Leitner erklärt, warum: „Laut der unabhängigen Kinder- und Jugendanwältin würden diese Zustände dort nicht den Anforderungen einer ordentlichen Unterbringung entsprechen.“Sie hätte um „sofortige Verlegung in adäquate Einrichtungen gebeten“, doch Waldhäusl habe sich für nicht zuständig erklärt. Weshalb sie den Verfassungsdienst um juristische Prüfung einschaltete. Über die Planung an sich, in Drasenhofen ein Flüchtlingsquartier für Jugendliche zu errichten, sei sie nicht informiert gewesen.
Waldhäusl, Anwalt Manfred Ainedter zur Seite, will die Vorwürfe der Anklage nicht auf sich sitzen lassen. Und er legt ein Foto aus Zwentendorf (NÖ) vor. Dort sollen 153 Volksschulkinder in einem mit Stacheldraht umzäunten Gebäude ein Jahr lang unterrichtet worden sein: „Bei Drasenhofen von einem Gefängnis zu reden ist scheinheilig!“
Der Prozess wird zumindest bis Ende September fortgesetzt.