Ganz ohne Deutschtümelei
Deutsche Oper Berlin: „Meistersinger“, Wieler & Morabito
Die „Meistersinger von Nürnberg“sind das am meisten geliebte und zugleich gehasste Werk von Richard Wagner. ExStaatsoperndirektor Ioan Holender drehte für ServusTV eine Dokumentation der Neu-Produktion in Berlin, die im September ausgestrahlt wird. Und er berichtet für die „Krone“.
Knapp 30 Jahre nach Götz Friedrichs berühmter Fassung wagt die Deutsche Oper Berlin unter der erfolgreichen Intendanz von Dietmar Schwarz eine Neuproduktion der „Meistersinger“. Dem Regieduo Jossi Wieler und Sergio Morabito (Chefdramaturg der Wiener Staatsoper) gelingt das Kunststück, das Werk klug, ohne Entstellungen wiederzugeben und ohne großes deutsches Pathos zu zelebrieren.
Evas Vater, Veit Pogner – von Albert Pesendorfer mit etwas verbrauchtem, aber noch würdigem Bass gesungen – besitzt hier eine Musikschule, in der Sachs und Beckmesser unterrichten und Stolzing gerne dabei wäre, um Pogners Tochter Eva nahe zu sein. Ein Kampf um Evas Gunst – Heidi Stober stimmlich wie optisch ideal besetzt –, den der hervorragend aussehende und sicher
singende „Stolzing“Klaus Florian Vogt gewinnt, ohne sich im Geringsten für die Regeln der Meistersinger zu interessieren. Sehr überzeugend lassen Wieler & Morabito das Liebespaar Richtung Zuschauerraum weggehen, ohne dass es sich noch einmal umschaut.
Johan Reuter ist der brav singende, flehentlich kämpfende Hans Sachs, der selbst auch nicht mehr ganz daran glaubt, wofür er eigentlich plädiert. Dadurch verliert die historisch fragwürdig missbrauchte Festwiese ihren schlechten Ruf der Deutschtümelei. Der Dritte im Bunde von Evas Adoranten ist Sixtus Beckmesser, sehr gut gesungen und gespielt vom Ensemblemitglied Philipp Jekal.
Markus Stenz ist der kundige musikalische Leiter der klugen Inszenierung. Erfreulich, dass es gelingt, diese „Meistersinger“im Repertoire wohl noch viele Jahre spielen zu können.