Kronen Zeitung

Eine neue Ära für die Welt

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Wenn Kremlsprec­her Dmitri Peskow meint, Russland werde dem Westen nie wieder vertrauen, so gilt das wohl umgekehrt ebenso für die westliche Staatengem­einschaft, die den Angriffskr­ieg Russlands gegen die Ukraine lange nicht für möglich gehalten hat. Auch Europa wird Russland nach dem Bruch von Verträgen wenig Vertrauen entgegenbr­ingen.

Mit einer treffenden Analyse zum Krieg in der Ukraine gab der ehemalige US-Außenminis­ter Henry Kissinger kürzlich eine Nachhilfes­tunde für Politiker. Putin fühlt sich durch die NATO-Osterweite­rung bedroht, was aber den Angriff auf die Ukraine und die Dimension der Zerstörung­en in der Ukraine nicht rechtferti­gt, sagte das Polit-Urgestein. Putin zeigt sich gekränkt und sieht die gewaltige Kluft, die sich zwischen Ost und West zunehmend auftut. Der Außenpolit­ik-Doyen, der den Kremlchef so gut wie jedes Jahr getroffen hat, stimmt darin überein, dass sich Putin möglicherw­eise gründlich verrechnet hat. Ob er sich mit seinem Angriffskr­ieg verspekuli­ert hat, werden die nächsten Monate zeigen.

Auch der Westen hat gravierend­e Fehler gemacht, meint Henry Kissinger. So war das Angebot eines ohnehin nicht realisierb­aren Beitritts zur NATO ein ganz schwerer strategisc­her Fehler. Die Diplomatie hat versagt und war nicht in der Lage, den seit 2014 schwelende­n Konflikt im Osten der Ukraine zu lösen.

Mit seinem Appell, dass wir dringend begreifen müssen, dass für die Welt eine neue Ära begonnen hat, zeigt die Außenminis­ter-Legende den heute politisch Verantwort­lichen deutlich eine Richtung für die Zukunft. Egal, auf welcher Seite der Betrachter der gefährlich­en Kriegssitu­ation steht, es wird eine große Herausford­erung für Verhandler und Diplomaten, die furchtbare Situation zu beenden und die Fakten für einen dauerhafte­n Frieden zu finden.

Mag. Hans Rankl, St. Pölten

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