Volksabstimmung über Beitritt
Brüssel/Wien. Trotz Kandidatenstatus für die Ukraine ist eine EU-Mitgliedschaft in naher Zukunft unrealistisch. Der Kanzler sucht Ausreden – und sollte an das Jahr 2004 denken.
Historisch“war das oftmals strapazierte Wort beim EU-Gipfel in Brüssel, nachdem der Ukraine und der Republik Moldau der Status der Beitrittskandidaten verliehen worden ist. Ukraines Präsident Wolodimir Zelenskij und die Staatschefin der Republik Moldau, Maia Sandu, wurden beim Gipfel zugeschaltet. „Die Zukunft der Ukraine liegt in Europa“, sagte Zelenskij, und Sandu ergänzte: „Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“
Damit sprach sie wahre Worte.
Denn auch Bundeskanzler Karl Nehammer betonte nach der einstimmigen Entscheidung der Staats- und Regierungschefs, dass der Kandidatenstatus noch nicht bedeute, „dass man Verhandlungen aufnimmt.“
Der Kanzler räumte ein, dass es im Fall der Ukraine einen Stimmungsumschwung in der EU gegeben habe, nicht nur bei ihm selbst. Eine Evaluierung der Kommission soll zu diesem Gesinnungswandel geführt haben. Hier muss sich der Kanzler die Frage gefallen lassen, ob man sich nicht billig auf die EUKommission rausreden will. Schließlich wiederholte man unermüdlich, dass man einem Beitrittskandidatenstatus der Ukraine und Moldaus nur unter Bedingungen zustimmen werde. Diese wurden nicht erfüllt, Österreich wollte aber offenbar nicht mit einem Veto der Spielverderber der Beitritts-Party sein.
Nehammer hat zudem ein weiteres Problem: Laut einer aktuellen Eurobarometer-Umfrage sind nur 45 Prozent der Österreicher für eine EU-Erweiterung, aber fünfzig Prozent dagegen.
Einem möglichen EUBeitritt der Ukraine muss einstimmig von allen Mitgliedsländern zugestimmt werden. Der damalige Kanzler Wolfgang Schüssel wollte 2004 das österreichische Volk darüber abstimmen lassen, ob Österreich in Brüssel einem EU-Beitritt der Türkei zustimmen sollte. Ähnliches sollte Kanzler Nehammer nun auch bei der Ukraine in Erwägung ziehen.