Solidarität
Minister Rauch setzt nun also auf die Solidarität als Superkraft gegen das Virus, mit der man den hohen Infektionszahlen zum Trotz politisch unbequeme Maßnahmen zur Seite schieben kann. Nun könnte man anmerken, dass er es sich recht leicht damit macht, die Verantwortung an die Allgemeinheit abzuschieben. Oder dass Politiker einiges dazu beigetragen haben, in den Jahren der Pandemie mit oftmals erratischer Vorgehensweise und Kommunikation einen Keil in die Gesellschaft zu treiben. Nichtsdestotrotz ist es gut, an die Solidarität als Öl im Getriebe der Gesellschaft zu erinnern.
Es mag ja oft nicht so scheinen, doch der Mensch ist an sich eine ganz nette Spezies. Liebevoll, freundlich, altruistisch – alles in allem „im Grunde gut“. So nannte der Historiker Rutger Bregman seinen Bestseller, mit dem er vor zwei Jahren für Furore sorgte. Darin widersprach er der Thomas Hobbes’schen Weltanschauung, dass der Mensch im Naturzustand zur Bestie mutiere. Vielmehr zeigte er, dass in der Evolutionsgeschichte nicht der Stärkere überlebte, sondern der Kooperative. Die Freundlichkeit ist „unsere geheime Superkraft“.
Masken zu tragen oder sich zu testen verleiht gegen das Virus also diese Superkraft der Solidarität. Die nützt allerdings auch nur, wenn man ihr nicht die Waffen entzieht – uneingeschränkte Testmöglichkeiten, z. B., oder bessere Aufklärung. Nur auf Solidarität zu setzen ist für einen Minister dann halt doch ein bisschen wenig . . .