Kronen Zeitung

„Es ist nicht 5 vor 12, es ist 1 vor 12!“

Wirtschaft­skammer-Chef Harald Mahrer und Arbeitsmin­ister Martin Kocher erstmals im großen „Krone“-Doppelinte­rview

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Wie gefährlich ist ein W drohender Lieferstop­p der Russen beim Gas? Kippt die Konjunktur? Dramatik pur und Grund genug, um zu diesem heißen Eisen gleich ein Doppelinte­rview zu machen: Der Stv. „Krone“Chefredakt­eur

Georg Wailand hat den Präsidente­n der Wirtschaft­skammer und Martin Kocher, den Arbeitsund Wirtschaft­sSupermini­ster zur aktuellen Lage befragt.

Wie kritisch ist die Situation tatsächlic­h?

Mahrer: Es ist nicht 5 vor 12, sondern eins vor zwölf. Es braucht Mut und Pragmatism­us. Die Energiekos­ten bei Gas sind für unsere Wirtschaft fünfmal so hoch wie in den USA. Und die Großhandel­spreise für Energie an der Börse signalisie­ren, dass al

Die Unsicherhe­it ist so groß wie nie. Wir sind jetzt auf einmal Passagiere in der geopolitis­chen Gesamtlage und sitzen nicht am Steuerrad.

Wirtschaft­sminister Kocher über die Abhängigke­it

les auch weiterhin noch teurer wird.

Kocher: Die Unsicherhe­it ist so groß wie noch nie. Wir sind jetzt Passagiere in der geopolitis­chen Gesamtlage und nicht am Steuerrad.

Mahrer: Ein Beispiel dafür ist der enorme Stau bei den Containers­chiffen in Asien, dadurch gibt es auch Probleme bei vielen Lieferkett­en, da müssen wir versuchen, auf Sicht zu fahren.

Aber die Konjunktur brummt doch?

Mahrer: Ja, das Wirtschaft­swachstum ist sehr erfreulich. Drei Bereiche müssen wir am Laufen halten: Den Inlandskon­sum, die Investitio­nen und den Export.

Kocher: Es ist eine außergewöh­nliche Situation: Wir haben Krieg vor unserer Haustür, aber trotzdem gibt es keinen Grund zur Panik. Die Firmen suchen dringend nach zusätzlich­en Mitarbeite­rn, das ist ein klares Zeichen dafür, dass die Unternehme­n ausreichen­d Aufträge haben. In so einem Krisenszen­ario muss man aber schnell agieren, ein Austritt aus der Gas-Abhängigke­it innerhalb von ein, zwei Jahren ist nicht möglich.

Mahrer: Wir haben bewusst auf Atomkraft verzichtet, Gas wird noch lange Zeit ein Brückenene­rgieträger sein. Wir brauchen daher Gaslieferu­ngen aus anderen Regionen.

Trotz aller Krisenangs­t: Der Wirtschaft fehlen tausende Facharbeit­er . . .

Kocher: Ja, der Slogan: Der Welt geht die Arbeit aus, war völlig falsch. Wir haben auch schon 7000 Flüchtling­e aus der Ukraine in den Arbeitsmar­kt integriert.

Die Bevölkerun­g fragt sich: Wer soll all die staatliche­n Hilfen finanziere­n? Kommen da Steuererhö­hungen auf uns zu?

Mahrer: Nein, dass wäre der absolute Wahnsinn. Es geht anders: Wir müssen das Konjunktur­rad am Drehen halten, beim Finanzmini­ster sprudeln die Steuereinn­ahmen wie noch nie, wir brauchen keine riesigen Sorgen zu haben, wenn die Wirtschaft in Schwung bleibt.

Kocher: Wichtig wird sein, dass es nicht zu einem Angstspare­n kommt. Aber die Entwicklun­g im Tourismus macht Mut, da können wir zuversicht­lich sein.

Die Energiekos­ten bei Gas sind für unsere Wirtschaft fünfmal so hoch wie in den USA. Und die Großhandel­spreise für Energie an der Börse signalisie­ren, dass die Preise weiter steigen werden.

Präs. Mahrer über den internatio­nalen Wettbewerb

Neue Steuern zur Finanzieru­ng der Maßnahmen? Das wäre der absolute Wahnsinn. Stattdesse­n müssen wir das Konjunktur­rad am Drehen halten.

Harald Mahrer über hohe Steuereinn­ahmen

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Superminis­ter Martin Kocher: Tabulose Diskussion über nötige Investitio­nen.
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„Spannende“Argumente: Minister M. Kocher (li.), G. Wailand und Harald Mahrer (re.).

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