Wien wie 1822 im Rossini-Fieber!
Staatsoper: Cecilia Bartoli in „Cenerentola“, „Turco in Italia“& Rossini-Gala
Mezzo-Star Cecilia Bartoli gibt am 28. Juni endlich, in einer halb szenischen „Cenerentola“, ihr Debüt auf der Wiener Staatsopernbühne. Was bisher trotz mancher Pläne aus terminlichen oder logistischen Gründen nie geklappt hat, wird nun, an fünf Abenden zwischen 28. Juni und 8. Juli, gefeiert.
Im Frühjahr 1822 war Wien anlässlich des Besuchs Gioacchino Rossinis, des vergötterten Komponistenstars dieser Zeit in Europa, in einem wahren Rossini-Taumel. 200 Jahre später, also 2022, gedenkt die Staatsoper dieses Ereignisses mit ihrer Rossini-Mania nach der Idee Cecilia Bartolis. Mit einer halb szenischen „Cenerentola“, dreimal „Il turco in Italia“und einer Gala „Rossini Mania“unter Gianluca Capuano.
„Rossini passt in alle Zeiten! Nicht nur weil wir heute manchmal eine Portion Eskapismus brauchen. Rossinis Werk spiegelt die ganze Bandbreite an menschlichen Emotionen und Situationen, Spannungen und Ausbruchsversuchen aus Konventionen. Gerade das überdreht Farcenhafte, das zynisch Humorvolle oder humorvoll Zynische ist den Wienern ohnehin sehr nah“, findet Cecilia Bartoli im Gespräch.
In der Staatsoper verkörpert sie ganz verschiedene Rossini-Charaktere: „Die verträumte, schüchterne Angelina wächst schon sehr über sich hinaus“, findet Cecilia Bartoli, „als sie ganz allein auf den Ball beim Prinzen geht und zum Hingucker des Abends wird. Der ,Turco‘ ist ein wahnsinniges Stück, formal seiner Zeit weit voraus: Es gibt den Dichter, der die Handlung im Laufe des Abends in Echtzeit weiterschreibt – das passt eher in die filmische Ästhetik unserer Postmoderne! Auch Flirt, Betrug und Scheidung waren für die damalige Zeit sehr gewagt. Daher muss Fiorilla am Ende wieder zur braven Gattin werden. Allerdings, für wie lange . . . ?“
Bartolis Rezept für ihre weltmeisterlichen RossiniKoloraturen? „Das Technische muss man selbstverständlich vorher beherrschen. Aber das Schwierige ist, Koloraturen und Ornamente mit Sinn zu erfüllen. Sie sind nicht Zierwerk. Das muss man mit großer Spontaneität vermitteln, damit man versteht, was in der Figur vorgeht, warum sie eine Koloratur singt, während es frei und natürlich wirkt.“
Bartoli ist auch erfolgreiche künstlerische Leiterin der Salzburger Pfingstfestspiele. 2023 tritt sie als Opernchefin in Monte Carlo an: „Gesucht habe ich diese Positionen nie, zu viel Bürokratie und logistischer Aufwand: ein Graus!“Dennoch: „Ich möchte die Chance nutzen, eine junge Generation von Sängern, Dirigenten, Regisseuren, Musikern, Bühnen- und Kostümbildnern, männlich wie weiblich, um mich zu scharen. Eine Künstlerfamilie, die unser künstlerisches Credo mit Leidenschaft in die Welt hinausträgt!“