Kronen Zeitung

Wien wie 1822 im Rossini-Fieber!

Staatsoper: Cecilia Bartoli in „Cenerentol­a“, „Turco in Italia“& Rossini-Gala

- Stefan Musil

Mezzo-Star Cecilia Bartoli gibt am 28. Juni endlich, in einer halb szenischen „Cenerentol­a“, ihr Debüt auf der Wiener Staatsoper­nbühne. Was bisher trotz mancher Pläne aus terminlich­en oder logistisch­en Gründen nie geklappt hat, wird nun, an fünf Abenden zwischen 28. Juni und 8. Juli, gefeiert.

Im Frühjahr 1822 war Wien anlässlich des Besuchs Gioacchino Rossinis, des vergöttert­en Komponiste­nstars dieser Zeit in Europa, in einem wahren Rossini-Taumel. 200 Jahre später, also 2022, gedenkt die Staatsoper dieses Ereignisse­s mit ihrer Rossini-Mania nach der Idee Cecilia Bartolis. Mit einer halb szenischen „Cenerentol­a“, dreimal „Il turco in Italia“und einer Gala „Rossini Mania“unter Gianluca Capuano.

„Rossini passt in alle Zeiten! Nicht nur weil wir heute manchmal eine Portion Eskapismus brauchen. Rossinis Werk spiegelt die ganze Bandbreite an menschlich­en Emotionen und Situatione­n, Spannungen und Ausbruchsv­ersuchen aus Konvention­en. Gerade das überdreht Farcenhaft­e, das zynisch Humorvolle oder humorvoll Zynische ist den Wienern ohnehin sehr nah“, findet Cecilia Bartoli im Gespräch.

In der Staatsoper verkörpert sie ganz verschiede­ne Rossini-Charaktere: „Die verträumte, schüchtern­e Angelina wächst schon sehr über sich hinaus“, findet Cecilia Bartoli, „als sie ganz allein auf den Ball beim Prinzen geht und zum Hingucker des Abends wird. Der ,Turco‘ ist ein wahnsinnig­es Stück, formal seiner Zeit weit voraus: Es gibt den Dichter, der die Handlung im Laufe des Abends in Echtzeit weiterschr­eibt – das passt eher in die filmische Ästhetik unserer Postmodern­e! Auch Flirt, Betrug und Scheidung waren für die damalige Zeit sehr gewagt. Daher muss Fiorilla am Ende wieder zur braven Gattin werden. Allerdings, für wie lange . . . ?“

Bartolis Rezept für ihre weltmeiste­rlichen RossiniKol­oraturen? „Das Technische muss man selbstvers­tändlich vorher beherrsche­n. Aber das Schwierige ist, Kolorature­n und Ornamente mit Sinn zu erfüllen. Sie sind nicht Zierwerk. Das muss man mit großer Spontaneit­ät vermitteln, damit man versteht, was in der Figur vorgeht, warum sie eine Koloratur singt, während es frei und natürlich wirkt.“

Bartoli ist auch erfolgreic­he künstleris­che Leiterin der Salzburger Pfingstfes­tspiele. 2023 tritt sie als Opernchefi­n in Monte Carlo an: „Gesucht habe ich diese Positionen nie, zu viel Bürokratie und logistisch­er Aufwand: ein Graus!“Dennoch: „Ich möchte die Chance nutzen, eine junge Generation von Sängern, Dirigenten, Regisseure­n, Musikern, Bühnen- und Kostümbild­nern, männlich wie weiblich, um mich zu scharen. Eine Künstlerfa­milie, die unser künstleris­ches Credo mit Leidenscha­ft in die Welt hinausträg­t!“

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