Ziel verfehlt
Der 47-jährige Bäckergeselle Michael Z. hatte mit einer Begleiterin den Wiener Prater besucht. Bei einem Schießstand schoss er mit einem Luftdruckgewehr fünf Schüsse auf Papierdosen ab. Ergebnis: null. Gedemütigt und wütend rang er nach Luft.
„Gebn S ma a anders Gwehr“, sagte er missmutig. „Mit dera Flitspritzn trifft ma net amal an Ochsn auf drei Schriatt.“Weitere fünf Schuss mit einem anderen Gewehr hatten das gleiche negative Resultat. Begleiterin Inge N. lächelte bereits geringschätzig.
„Fix no amal!“, schrie der Bäcker den Schießbudenbesitzer an. „Was san denn des für Gwehr an dem Stand? Oder habn Se de Rosn anpickt? Des gibts do net, dass i nix triff! I war a Scharfschütze beim Bundesheer. Man hat – net nur am Schießstand – in den höchsten Tönen von mir gesprochen. I hab a Urkunde kriagt! I verfehl ka Ziel. I bin aner der besten überhaupt. Und i hab des sicher net verlernt. Augenprobleme hab i in der Zwischenzeit aa net wirklich kriagt. Also, woher kummt des nur?“
„De habn S vielleicht kriagt, wia S beim Küchendienst mitn Feidl auf de Hendln losganga san“, meinte der Budenbesitzer.
„Da schaun S hin, wia de andern Herrschaftn mit demselben Gwehr a Rosn nach der anderen obeschiaßn! Se zittern halt scho mit de Händ wia a alts Muatterl, da können S nix treffn! Solider lebn, Herr! Solider lebn! Dann können S beim Schiaßn an Stich machn!“
„Geh sei stad, du alter Praterzipf! I wüll nix mehr hören. Du erzählst doch nur Schwachsinn“, schrie Michael Z. zutiefst empört zurück.
„Mi wüllst ausstalliern! I zitter ja nur vur Wut, am liabsten hauert i dir de ganze
Hüttn zsamm! Se redn was vom solidn Lebn! Se habn selber an Schädl wia a Weinfassl, san versoffn bis durt hinaus! Fräulein Inge, ich bitte Sie, wir gehen jetzt besser! Sonst müsst ich den Mann noch beleidigen!“
Der Pratermann fühlte sich bereits beleidigt und ließ von einem Polizisten, der im Prater dienstlich unterwegs war, die Personalien des Bäckers aufnehmen.
Die Verhandlung musste zur Einvernahme der nicht erschienenen Inge N. vertagt werden.