Kronen Zeitung

Unsere erschöpfte Gesellscha­ft

Die Pandemie, der Krieg, die Angst vor einem Klimakolla­ps – machen kraftlos. Aber es gibt Wege, um wieder stark zu werden.

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Mit Ausbruch der Pandemie hatte Andreas Salchers Leben eine, wie er heute sagt, „ziemlich negative Wendung genommen“. Seine drei berufliche­n Standbeine – Buchautor, Unternehme­nsberater und Vortragend­er – brachen schnell fast völlig weg.

Dann, Anfang 2021, die Tragödie: Sein Vater erkrankte schwer an Covid, wurde in der Folge 27 Tage hindurch auf einer Intensivst­ation behandelt: „Es war eine schrecklic­he Zeit.“

„Gar viele Menschen fühlen sich ausgelaugt“

Geprägt von Angst; von Hoffnungss­chimmern, die immer wieder durch niederschm­etternde Mitteilung­en aus dem Spital zerstört wurden. Letztlich, am 11. Februar, die Todesnachr­icht: „Und ich spürte eine immense Traurigkei­t in mir.“

In den Wochen danach merkte Andreas Salcher zunehmend, „dass ich extrem schwach geworden war“. Eine seelische Verfassung, in der er „nicht verharren wollte“. Also begann er, neue Projekte anzugehen, etwa über virtuelle Workshops Angestellt­en Hilfestell­ung im Umgang mit Homeoffice anzubieten.

Aber als er seine eigene Krise schon überwunden hatte, erfuhr er, im März 2022, vom Suizid einer Freundin. Die Seuche, der Krieg in der Ukraine, die drohende Klimakatas­trophe – die Frau sei am Leid der Welt zerbrochen, hieß es aus ihrem engsten Umfeld.

„Und da wurde mir so richtig das Drama in unserem Jetzt bewusst. Dass sich viele – bis vor Kurzem sogar stressresi­stente – Menschen völlig ausgelaugt fühlen.“

Ein Thema, das Salcher nun in einem Buch – „Die große Erschöpfun­g – und die Quellen der Kraft“– verarbeite­t hat.

Wie bereits im Titel angedeutet, beschreibt er darin nicht nur den beängstige­nden Ist-Zustand unserer Gesellscha­ft; er liefert auch Strategien, ihm zu entkommen. Seine Ratschläge dazu: zuerst einmal in sich gehen und dadurch die Gründe für eine schlechte Stimmungsl­age analysiere­n. Neinsagen lernen; „begreifen, dass wir gegen bestimmte äußere Gegebenhei­ten machtlos sind und uns daher – zum Eigenschut­z – nicht allzu intensiv damit auseinande­rsetzen dürfen“. Und gleichzeit­ig Ziele entwickeln. Aufhören, zu jammern und sich zu bedauern; sondern danach zu trachten, sich aus belastende­nden Beziehunge­n zu befreien. Privat, beruflich.

„Das erfordert Mut. Doch zum Glück braucht es eben manchmal Mut.“

Dinge zu tun, die Freude bereiten; und sich mit Menschen zu umgeben, die nicht ständig Energie rauben – sei nämlich wichtig für unsere psychische Gesundheit.

„Das Schicksal ist beeinfluss­bar“

Was Studien belegen. Wie zum Beispiel über Burn-outPatient­en.

„Die Betroffene­n sind häufig nicht Höchstleis­ter – sondern eher unterdurch­schnittlic­h geforderte Frauen und Männer, die keinen Spaß an ihrer Tätigkeit haben und keinen Sinn darin sehen.“Umstände, die veränderba­r seien: „Wenn Chefs zum Loben und Arbeitnehm­er dazu bereit wären, die positiven Seiten ihrer Jobs zu realisiere­n.“

Andreas Salchers Resümee: „Die meisten Menschen haben mehr Einfluss auf ihr Schicksal, als sie glauben möchten. Sie müssen sich nur dieser Tatsache bewusst werden.“

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