„Ständig redet wer mit!“
Regisseur Stefan Ruzowitzky, der 2008 für „Die Fälscher“einen Oscar bekam, über seinen Film „Narziss und Goldmund“(Mi., 20.15, ORF) und über sein Bemühen um Wahrhaftigkeit
Stefan Ruzowitzky, ist Ihr Film „Narziss und Goldmund“– den der ORF am Mittwoch zeigt – nach der gleichnamigen Erzählung von Hermann Hesse Ihre erste Roman-Verfilmung?
Ja. Mein Film „Die Fälscher“beruht zwar auch auf einem Buch, aber es ist eben ein Tatsachen-Bericht. Fiktion und Literatur war‘s nicht. Aber da wie dort hab ich mich um Wahrhaftigkeit bemüht. Auch wenn man bei der Verfilmung einer tatsächlich passierten Geschichte naturgemäß nicht faktentreu sein kann – die gesamte Story muss ja in neunzig Minuten Filmzeit komprimiert werden –, so kann man sich doch bemühen, wahrhaftig zu sein. Das Gleiche gilt für den Roman. Es gilt, den Geist der Vorlage zu treffen.
Und? Ist es gelungen? Der Film ist ja auch schon im Kino gelaufen. Wie war denn die vorherrschende Meinung der Literaturkenner?
Sehr unterschiedlich: Manche hätten sich mehr Interpretation und Philosophie erwartet; andere wiederum hätten sich gewünscht, dass ich mich präziser ans Buch halte. Wenn man das Buch in- und auswendig kennt, erwartet man sich Präzises. Ich bin übrigens draufgekommen, dass dieses Buch für manche eine Art „Lebenskompass“ist: Es gibt tatsächlich Menschen, die dieses Buch jedes Jahr
einmal lesen. Immer und immer wieder. Offenbar, um sich moralisch zu kalibrieren.
Aber dann gab‘s doch auch noch die Begeisterten!
(lacht) Ja, das schon. Viele fanden‘s einfach gut. Und was mich erstaunt hat: Ich hab sogar Briefe bekommen von Menschen, denen der Film besonders gut gefallen hat; weil sie eintauchen konnten in diese andere Welt. Das ist mir echt noch nie passiert! Aber es gab halt
auch so manchen bösen Verriss.
Werden Sie nicht sowieso immer wieder mit der Kritik konfrontiert, dass Sie zu sehr im „Mainstream“fischen?
Ja, eh.
Aber den Oscar haben Sie bekommen. Spielt da vielleicht manchmal auch der Neid von Kollegen ein bissl mit?
Ja, eh. Aber wenn‘s einfach ungerecht und doof ist, dann ärgert‘s mich trotzdem. Und wenn sie recht haben, dann ärgert‘s mich noch mehr. Ich versuch ja, daraus zu lernen.
Abgesehen von „Die Fälscher“beschäftigen sich Ihre Filme doch häufig mit Crime-, Horror-, Thriller- oder Endzeit-Themen. Der Stoff von „Narziss und Goldmund“ist so ganz, ganz anders. Eher philosophisch. Was hat Sie dazu bewogen?
Er ist mir angeboten worden. Aber ich hab sofort zugesagt. „Narziss und Goldmund“war eines der ersten Erwachsenen-Bücher, die ich mit 16 oder 17 gelesen hab – und ich hab mich sofort verliebt. Denn darin geht‘s um Themen, die mich gerade in diesem Alter besonders angesprochen haben. Um die erste Liebe, um Freundschaft und um Sinnsuche. Und Jahrzehnte später kam der Stoff dann als Verfilmungsangebot zu mir.
Hatten Verlag und Erben bei der Verfilmung ein Mitspracherecht?
Und wie! Die waren immer eingebunden. Das hat beim Drehbuch begonnen, das auch ich verfasst hab, und hat sich dann auch beim Drehen fortgesetzt. Einmal hab ich eine Szene sogar in zwei Versionen gedreht – in der von den Erben gewünschten und in der von mir gewünschten.
Wer hat sich durchgesetzt?
(lacht) Ich. Aber das ist grundsätzlich so eine romantische Sicht aufs Filmemachen: Der Glaube, man könne tun, was man will. Das ist ganz selten der Fall. Produzenten, Verlag, Förderer, andere Financiers – immer redet wer mit. Und je größer die Budgets, umso mehr Leute reden mit. Das ist immer ein bisschen mühsam. Und man ist ständig bemüht, faule Kompromisse zu vermeiden . . .