Chorherrs strittige Rolle
Eine Frage dominierte den zweiten Tag des Betrugsprozesses um den Ex-Grünen: Welchen Einfluss hatte der Ex-Planungssprecher auf Flächenwidmungen in Wien?
Die Vorweihnachtszeit werden Christoph Chorherr und neun mitangeklagte Wirtschaftstreibende heuer zu einem guten Teil im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts verbringen. Dem Ex-Grünen wird „Bestechlichkeit“und „Missbrauch der Amtsgewalt“vorgeworfen. Laut Staatsanwaltschaft soll der 61-Jährige in der Zeit von Rot-Grün in Wien für das Herbeiführen von Gemeinderatsbeschlüssen zu Bauprojekten Spenden an seinen Verein „S2Arch“angenommen bzw. gefordert haben.
Am zweiten Verhandlungstag kam Chorherr zu Wort. Sein Plädoyer startete er mit einer flammenden Rede über sein Schulprojekt in Südafrika: „Und warum interessieren sich Bau-Menschen für dieses Projekt? Weil es auch ein Architekturprojekt ist“, führte der ehemals enge Vertraute von Ex-Planungsstadträtin Maria Vassilakou aus. „Ich selbst war nicht Planungssondern Planungssprecher. Frau Vassilakou führte die Widmungsverfahren mit der MA 21. Ich habe formal gar nicht Einfluss nehmen können!“, bekannte er sich nicht schuldig, zeigte nur in einem Punkt Reue: „Mein Fehler war, dass ich 2010 nicht die Obmannschaft im Verein zurückgelegt habe.“Denn in Österreich zähle auch der Anschein – und „nicht nur, ob man alles richtig macht“. „Es tut mir leid für alle, die nun hier mit mir sitzen“, blickte er zu den Mitangeklagten, darunter Investmentberater Wilhelm Hemetsberger oder die Immobilieninvestoren Michael Tojner und Günter Kerbler.
Der Angeklagte suchte das Gespräch mit Bauherren
Besonders interessiert war Richter Michael Tolstiuk an der Rolle Chorherrs in Bezug auf Flächenwidmungen: „Meine hauptsächliche Tätigkeit war, öffentlich zu arstadtrat, gumentieren, warum Projekte so aussehen, wie sie aussehen“, so der Ex-Politiker, „dazu wollte ich mich auch gut auskennen.“– Weshalb er das Gespräch mit den Bauträgern suchte.
Chorherr musste sich harten Fragen stellen: zur Förderabrechnung seines Vereins ebenso wie zu seiner Beziehung zu den Mitangeklagten. Auch die einzelnen Spenden wurden beleuchtet, etwa die 100.000-EuroSpende von Signa aus 2011, wegen der Immo-Jongleur René Benko auf der Anklagebank sitzt. Chorherr: „Ich habe Herrn Benko nicht getroffen. Diese Info hatte ich von Herrn Hemetsberger. Er konnte ihn offenbar überreden, dass er spendet.“
Ob er sich für Spenden bedankt habe, fragte der Staatsanwalt: „Zu wenig“, antwortete Chorherr, um sich dann selbst zu korrigieren: „Nein, ich bin froh, dass ich nichts geschrieben habe. Das muss ich jetzt ehrlich sagen.“– Fortsetzung am Freitag.