Im politischen Kontext
Der norwegische Pianist Leif Ove Andsnes ist ein Meister der faszinierenden Anschlagtechnik, eines perfekten Zeitgefühls und edler Phrasierung. Sein Abend im Konzerthaus: von packender Intensität, hinreißend! Und er stellte ein Programm zusammen, das er auch in den politischen Kontext unserer Zeit stellt.
So verknüpft er Leoš Janáčeks Klaviersonate „Von der Straße“, komponiert 1905 im Gedenken an einen bei einer Demonstration ermordeten Arbeiter.
Andsnes schlägt den Bogen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Und verbindet die Werke des ersten Konzertteils – das „Lamento“von Alexander Wustin, Beethovens AsDur-Sonate (op. 110) und die Bagatelle (op. 1/3) des Ukrainers Valentin Silvestrov: Ein Stück geht ins andere über. Spannend! Das lässt einen nicht los.
Andsnes erzeugt einen geschmeidig federnden, satten, weich konturierten Ton voll kostbarer Nuancen. Man kann Beethoven geschärfter spielen – aber hier berührt die Innigkeit.
Im zweiten Teil hörte man erstmals im Konzerthaus Antonín Dvořáks kompletten Zyklus „Poetische Stimmungsbilder“: ein Reigen von Miniaturen, mit Feingefühl präsentiert. Zwei Zugaben: Harald Saeveruds „Ballade des Aufruhrs“, ein Protest gegen die NS-Besatzung Norwegens, und Frédéric Chopins Mazurka cis-Moll op. 30/4.