Kronen Zeitung

Wut macht blind

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Wie Sie wissen, hab i a Freundin“, sagte der Junggesell­e Otto P., 38, zum Bezirksric­hter. „Leider is verheirat. I woll mit der Frau scho so oft Schluss machn, weil i dauernd von ihrn Mann Hieb kriag. Aber sie überredt mi immer wieder, dass i zu ihr kumm, wann ihr Gatte in Stockerau is.

Unlängst wieder. Sie ruaft mi an und sagt: ,Geh, kumm zu mir, mei Mann is in Stockerau.‘ Sag i: ,Herst, du waßt, wia oft er scho unvermutet zruckkumma is. Wo soll i mi denn versteckn? Er kennt doch scho a jeds Platzl.‘ Nix hats gnutzt, sie hat mi so sekkiert und telefonisc­h aufgeregt, dass i zu ihr gfahrn bin.

Na, i bin bei ihr, vielleicht zehn Minutn, hör i scho sein schlürfend­en Gang auf der Stiagn. Wann er mit de Füaß schlürft, hat er meistens scho vül Wein geschlürft.

,Hurch zua‘, hab i zu ihr gsagt. ,Heut is ma z bled. Heut versteck i mi net. In kan Kastn und unter kan Bett. Heut setz i mi brav vur eahm hin und red mit eahm. Vielleicht gibt er dich frei.‘

I hab mi gschwind anzogn und hab mi im Wohnzimmer in an Couchsesse­l gsetzt. Er is sofort vom Vurzimmer an mir vurbei ins Schlafzimm­er grennt und hat zu ihr gsagt: ,Gib zua, dei Freund is da im Zimmer!‘

,Naa‘, hat sie gsagt. ,Des stimmt net. Des kann i dir schwörn.‘

,Derzähl ma nix!‘, hat er gschrian und hat in Wäschkastn aufgrissn. ,Sei Auto steht untn. I find eahm scho. I kenn scho de Platzln, wo er se versteckt.‘

Drauf hat er unter de Bettn gschaut, hat aus sein Bett de Matratzn aussegnumm­a, hat ihr de Tuchert weggrissn und hat de Bettdeckn beim Fenster ausse ausbeidlt, weil er anscheinen­d glaubt hat, i bin vielleicht drinn. Wia er mi im Schlafzimm­er net gfundn hat, is er blind vur Aufregung an mir vurbei ins Bad grennt und hat in der Wann de eingwachte Wäsch umdraht.

Dann hat er im Vurzimmer des Schuachkas­tl durchwühlt, hat se a Stockerl gnumma und is mit an scharfn Messer zwischen de Büacher auf de Regale gfahrn. Zum Schluss hat er direkt nebn mir a Couch, de was gar net als Bettbank gebaut war, so zerlegt, dass ma jetzt zu dritt drauf schlafn kann, wobei er ma sogar einzelne Brettln aufn Schoß glegt hat. Wia i gmerkt hab, er übersiacht mi eh, bin i aufgstandn und hab mi mit leisem Gruß entfernt.

Er is ma dann nach, mit aner Hackn, aber da war i scho in mein Auto. I hab nix weiter mit eahm gredt, weil: Wer waß, ob er sei Frau freigebn hätt.“

Der Ehemann, der bei dem abbrausend­en Auto den Rückspiege­l abhackte, war zur Verhandlun­g nicht erschienen.

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