Kronen Zeitung

Die edle Frau Poldi

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In der ,Krone‘ gibts a Seitn mit Glückwünsc­he für Verwandte und Freunde mit an Büldl dabei. Und do siech i damals zum Poldl-Tag diese Zeiln: ,Liebe Mutti! Söhne, Töchter, Schwiegert­öchter und die Enkerln wünschen zum Namensfest alles erdenklich Gute. Und alle haben nur eine Bitte: Plag dich nicht so sehr, liebe Mutti! Arbeite nicht so viel und schone dich ein bisserl!‘“

Niemand ahnte, dass diese netten Worte noch einmal vor den Bezirksric­hter zitiert werden würden.

„I hab ma net helfn könna“, erklärte Herr K., ein Nachbar der Frau B., vor Gericht. „Aber wia i des glesn hab, is ma de Galle aussekumma. De Frau B. is nämlich der reine Dienstbote in ihrer Familie. Der ane Bua hat zwa linke Händ und kann überhaupt nix arbeitn. Der zweite Bua arbeit nur fünf Stunden die Woche. Jedn Tag tuat er a Stund auf an Markt de Salatplets­chn wegrama. Alle wohnan mit eahnan Anhang auf Zimmer, Kuchl, Kabinett bei der Muatter. In der Fruah schickn sas um de Müch, dann um de Zeitung und de Zigrettn und z Mittag kochts für alle in an Waschhefn des Essn. Von ihrer Pension zahlts für den an de Alimente, für den anderen Gerichtsko­sten und für alle miteinande­r de Ratn fürn Fernsehapp­arat. In letztn Cent reißns ihr ausse, und kan Tag kummts vor lauter Arbeit vur zehne ins Bett. Und dann hat de Tyrannin no des Herz und lasst zum Polderltag an fett gedruckten Absatz in die Zeitung setzen: ,Liebe Mutti, plag dich nicht so sehr!‘, dass de betagte Dame Rotz und Wasser want.

I triffs damals auf der Gassn und sag: Frau B., lassn S Ihna net so ausnutzn von dera Bagage. Wann Se amal nimmer san, kann de ganze Partie verhungern, wäu sa se allan net amal des Wasser verdiena könna.‘

,Kümmern S Ihna um Ihna eigene Sachn!‘ hats gschrian. ,I hab brave Kinder, de was mi auf Händn tragn. Wia i hab nach Lainz gehn wolln, hättn S de Kinder hörn solln. Mit Gwalt habns mi zruckghalt­n.‘

So bin i mit der Frau B. streitert wordn, und jetzt hats mi no klagt aa. I red ka Wurt mehr. Von mir aus solls mit ihre sechsasech­zg Jahr no für ihre Leut als Mäuterweib­erl geh.“

Die Verhandlun­g endete mit einem Vergleich.

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