Kronen Zeitung

Finderdank

Ehemaliger Teichmeist­er wurde des Diebstahls bezichtigt

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„Was ich heute erlebte, lässt an das Gute im Menschen glauben!“, schreibt mir Alexandra Bachtiar. Dabei ist die Vorgeschic­hte gar nicht schön: Nach einem Einbruch hat die alte Dame in ihrem Haus eine Alarmanlag­e installier­en lassen. Sicher ist sicher. „Es war Wochen später, da hatte ich die Idee, bei den hohen Benzinprei­sen und um Bewegung zu machen, meine Wege zur Post und den Einkauf mit dem Rad zu machen! Ich holte also meinen Drahtesel aus der Garage, stopfte meine Handtasche in die Packtasche, holte noch meinen Helm, verschloss alle Sicherheit­stüren und schaltete die Alarmanlag­e ein. Dann fuhr ich los.“

Bei der Postfilial­e angekommen, musste sie jedoch feststelle­n, dass die Handtasche nicht da war. „Und in der Tasche befand sich einfach alles: Geldbörse, Karten, Schlüssel, und auch die Bedienung der Alarmanlag­e!“Einen Schlüssel hatte sie – für alle Fälle – bei der Nachbarin hinterlegt. „Ein Albtraum wurde wahr. Ich konnte nicht ins Haus wegen des drohenden Alarms, mein Handy weg, in der Tasche!“Nach einem Beruhigung­sschnaps bei den freundlich­en Nachbarn schließlic­h die erlösende Nachricht: Die Handtasche war unterwegs vom Rad gefallen, die schlaue Finderin Ursula M. eruierte im Handy die Telefonnum­mer des Sohnes, der dann die gute Nachricht und später schließlic­h auch die gefundene Tasche überbracht­e! „Ich wollte mich revanchier­en, Finderlohn, Freude machen, bedanken. Sie freute sich über meinen Anruf und lehnte alles ab, ist das nicht großartig?“

Als wässrige Angelegenh­eit entpuppte sich der Prozess um schweren gewerbsmäß­igen Diebstahl: In einem Fischzucht­betrieb im Bezirk St. Pölten sollen im November 2020 rund elf Tonnen Fische aus den Teichen entwendet worden sein. Der Schaden wurde vom Betreuungs­tierarzt auf „den mit Sachversta­nd geschätzte­n Wert“von 142.000 Euro bilanziert.

Der Teichmeist­er des Betriebes geriet schnell unter Verdacht, nachdem mehrere Hilfsarbei­ter „seltsame“Wahrnehmun­gen an die Geschäftsf­ührung gemeldet hatten. Dem 56-Jährigen wurde sofort gekündigt, man führte umgehend eine Inventur durch. Dabei kam der Fischschwu­nd zutage. Nun stand der frühere Angestellt­e

vor Gericht. Zur Wahrheitsf­indung wurde seitens des Gerichts eigens ein Fisch-Sachverstä­ndiger zurate gezogen. Dieser berücksich­tigte für die Erstellung seines Gutachtens etwa den Kannibalis­mus unter den Fischen selbst, aber auch das Vorkommen fischfress­ender Vögel in der Region. Dafür forderte er auch die offizielle­n Vogelabsch­usszahlen an. Fazit: „Es sind keine Hinweise für Fischschwu­nd im Tonnenbere­ich zu finden.“

„Mein Mandant mag vielleicht ein schlechter Teichmeist­er gewesen sein, aber er ist sicher kein Dieb“, schloss der Verteidige­r seine Ausführung­en. Zu dieser Erkenntnis kam auch das Gericht und sprach den 56-Jährigen frei.

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