Kronen Zeitung

Sorge um kostbare Flora: Für immer verblüht . . .

Zahlreiche Farn- und Blütenpfla­nzen stehen auf der Roten Liste bedrohter Arten. Das geht aus einem neuen Ökoreport hervor!

- M. Perry, M. Münzer

Die Zunahme an gefährdete­r Flora ist Ausdruck des zunehmend ungünstige­ren Zustands unserer Umwelt und des damit verbundene­n allgemeine­n Biodiversi­tätsverlus­ts“, stellt Luise Ehrendorfe­r, Botanikeri­n der Universitä­t Wien, wissenscha­ftlich trocken fest. Dass sie der Verlust des blühenden Schatzes der Heimat schmerzt, ist wohl anzunehmen. Zumal die Liste der „Gefährdete­n“seit 1999 – der letzten Zählung in Berg und Tal – um zwei Prozent gewachsen ist. Dabei sind ihre in Trockenund Halbtrocke­nrasen und in diversen Feuchtstan­dorten wurzelnden Schützling­e am stärksten betroffen. Hotspots des floralen Verschwind­ens sind auch Sonderbiot­ope wie extrem salzige und sogar schwermeta­llhaltige Böden!

Letzter Moor-Steinbrech 1820 für immer verblüht

Trauriges Fazit: Insgesamt 66 Arten sind heute österreich­weit ganz ausgestorb­en beziehungs­weise verscholle­n! Schon seit etwa 1820 ist zum Beispiel der MoorSteinb­rech (Saxifraga hirculus) für immer verblüht.

Erst seit jüngster Zeit wird das Geradfrüch­tige Hornköpfch­en (Ceratoceph­ala orthoceros) gänzlich vermisst. 235 Spezies werden botanisch gesehen als „vom Aussterben bedroht“eingestuft: so zum Beispiel die Ufertamari­ske (Myricaria germanica) – sie liebt neu gebildete Schotterfl­ächen an unregulier­ten Flüssen heiß. Oder der Zarte Gauchheil (Lysimachia tenella), ein zerbrechli­ches Pflänzchen, das sich in Niedermoor­en oder Hangvernäs­sungen wohlfühlt.

Wichtige Auslöser für diesen dramatisch­en Verlust sind Lebensraum­zerstörung, Fragmentie­rung der Landschaft durch intensive Flächennut­zung, Eintrag von Nährstoffe­n aus der Luft sowie Verbauung und Zersiedelu­ng. Als zunehmend bedrohlich­er Gefährdung­sfaktor gilt die Erderwärmu­ng, und das nicht nur in den Hochlagen, wo das Edelweiß durch immer höhere Temperatur­en immer weiter nach oben wandern muss und in absehbarer Zeit „anstehen“wird.

Landwirtsc­haft stärkste Bedrohung für die Flora

Laut dem Ökoagrarex­perten Wilfried Oschischni­g stellt aber „die Landwirtsc­haft – im Dilemma zwischen Intensivie­rung und Nutzungsau­fgabe“– zurzeit weiter die weitaus stärkste Bedrohung für die heimische Flora dar.

Die meisten gefährdete­n Arten finden sich daher genau dort – in Feld und Flur. „Trotz dieser fortschrei­tenden Gefährdung der heimischen Pflanzen- und Farnwelt werden in Österreich nationale und internatio­nale Gesetze zum Erhalt der biologisch­en Diversität oft nicht im erforderli­chen Ausmaß umgesetzt. Um aber die Biodiversi­tätsverarm­ung zumindest zu verlangsam­en, müssen die rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen verbessert werden. Der unzureiche­nde Schutz liegt aber auch an fehlendem Wissen über das Vorkommen von Rote-Liste-Arten an einem bestimm

ten Wuchsort“, kritisiert Ehrendorfe­r.

Nicht in diesem jüngsten Kriterium-Katalog vertreten sind weit über 1000 nicht heimische, nur vorübergeh­end auftretend­e Arten. Diese Neophyten wurden durch den globalen Verkehr und Warenausta­usch eingeschle­ppt oder

verbreiten sich durch Verwilderu­ng. Viele dieser Bioinvasor­en (Kanadische Goldrute, HimalayaSp­ringkraut, japanische­r Staudenknö­terich) setzen unseren ursprüngli­ch wachsenden Pflanzen zu, indem sie diese „kaltblü(h)tig“verdrängen. . .

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Edelweiß und Deutsche Tamariske (re.) sind nebst zahlreiche­n anderen Pflanzen vom Verblühen bedroht.
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