Kronen Zeitung

Im Kloster missbrauch­t

Schwere Sex-Vorwürfe gegen einen Franziskan­erbruder in Tirol. Der Geistliche soll sich über Jahre an einer Ministrant­in vergangen haben. Eine „Beichte“legte er vor Gericht nicht ab.

- Samuel Thurner

Ich habe ihn gern gehabt – er war wie eine Vaterfigur für mich“, gab das mittlerwei­le 24-jährige Opfer im Innsbrucke­r Landesgeri­cht zu Protokoll. Dass der heute 66-jährige Ordensbrud­er und Messdiener die ehemalige Ministrant­in jahrelang begrapscht und zum Teil schwer missbrauch­t haben soll, sei für das Mädchen „normal“gewesen. „Er hat immer gesagt, dass ich niemandem etwas sagen darf. Erst später habe ich begriffen, dass es eben nicht normal war“, sagte die „Lieblingsm­inistranti­n“des Angeklagte­n.

Zu Beginn der Übergriffe war die Schülerin erst acht Jahre alt. Mit Süßigkeite­n und Stofftiere­n über Geldgesche­nke bis hin zu All-inclusive-Urlauben für die Kleine, ihre Mutter und die Geschwiste­r baute der Mönch ein besonderes Vertrauens­verhältnis auf. „Das Geld hat mein Mandant nicht aus Opferstöck­en gestohlen,

sondern es waren Zuwendunge­n von anderen Gläubigen, die er weitergesc­henkt hat“, betonte Anwalt Franz Essl.

Liebevolle Umarmungen für die finanziell­e Zuwendung reichten dem Mann mit der Zeit aber nicht mehr. „Die Missbrauch­shandlunge­n haben sich sukzessive gesteigert“, schilderte die Staatsanwä­ltin.

Der Ordensbrud­er, der sich nur teilgestän­dig zeigte, wurde zu dreieinhal­b Jahren Haft verurteilt. Außerdem muss er für allfällige weitere Therapieko­sten aufkommen. 25.000 Euro bekam die junge Frau bereits von der Opferschut­zkommissio­n der katholisch­en Kirche. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Dass sich mein Mandant nicht voll geständig zeigt, hat mit einer Art Schutzmech­anismu szut un. Die Taten liegen auch lange zurück.

Franz Essl, Anwalt des Ordensbrud­ers

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