Nach stillem Protest lief Deutschland in Blamage
Die Frage nach der Kapitänsbinde beschäftigte die deutsche Nation vor dem Anpfiff weit mehr als das Auftaktspiel gegen Japan selbst. Letztlich hielt sich auch Manuel Neuer an die neue Vorgabe: Der Torhüter verzichtete auf eine Provokation, lief mit der offiziellen FIFA-Binde „No discrimination“auf.
Das Schiri-Trio blieb dennoch misstrauisch, ging auf Nummer sicher: Assistent Zeegelaar nahm vor dem Anpfiff einen letzten Check vor, sah sich Neuers Binde aus nächster Nähe an, fasste sie sogar an. „Sie war etwas runtergerutscht, saß locker, kein guter Hersteller“, kritisierte Neuer nach Spielende auch die Kurzfristigkeit des FIFA-Machtworts: „Vom Timing ein Wahnsinn.“
Ein stilles Zeichen des Protests setzte Deutschland dennoch. Die Spieler kurz vor Beginn, als sich beim Mannschafts-Foto jeder von ihnen die Hand vor den Mund hielt. Die Botschaft in Richtung FIFA fasste Neuer in Worte: „Wir lassen uns die Binde nehmen, aber niemals unsere Stimme, werden unsere Werte immer vertreten und auch für die Menschenrechte einstehen.“
Innenministerin trug Binde
Für das deutsche Team trat auf der Tribüne Nancy Faeser in Aktion: Die deutsche Innenministerin zog im Verlauf der ersten Hälfte an der Seite von DFB-Präsident Bernd Neuendorf ihren Blazer aus – zum Vorschein kam am linken Oberarm die „One Love“-Binde.
Zur Negativ-Stimmung, die sich speziell in Deutschland in den letzten Wochen rund um die WM breitmachte, passte gestern das Ergebnis. Das DFB-Team hielt sich erst den Mund zu, bekam am Ende dennoch eins auf die Schnauze. Dabei waren die Deutschen lange Zeit das klar bessere Team, ließen nach dem Elfer-Tor von Gündogan (33.) durch Mu
siala, Gnabry (Außenstange) und Gündogan dicke Chancen auf das 2:0 aus. Zudem zeichnete sich Ex-HornGoalie Gonda gegen Gündogan aus (70.). Was sich rächte: Japan drehte im Finish binnen acht Minuten das Spiel, siegte durch Tore von Doan (75.) und Asano (83.) 2:1. Teamchef Flick: „Das ist brutal enttäuschend, darf einfach nicht passieren.“
Klar drängte sich da am Ende auch die Frage auf, inwiefern die Stimmung im eigenen Land auf die Leistung abfärbte: „Dass es nicht optimal lief, liegt auf der Hand“, gestand Mittelfeldspieler Leon Goretzka. Ob es weitere Protest-Aktionen geben wird, ließ Joshua Kimmich offen: „Eines ist klar: Wir lassen uns auch in Zukunft von niemandem den Mund verbieten. Wenn wir etwas zu sagen haben, werden wir es tun.“
Während Japan überschwänglich die Sensation feierte. Die lautstarken Fans auf ihre eigene, sympathische Art, sie hatten Müllsäcke mit, nahmen vorm Verlassen des Khalifa-Stadions ihren Mist wieder mit. Für sie eine Frage des Respekts!