Kronen Zeitung

Zeiten des Umbruchs

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Es gibt Zäsuren, die verändern ein Land. Und solche, die mit chirurgisc­her Präzision in ein Menschenle­ben schneiden. Wir blicken zurück in den Spätherbst 1980, in dem sich Ronald Reagan als Präsidents­chaftskand­idat präsentier­t. Mit Erfolg. Anders als sein Bruder Ted, der eine Privatschu­le besucht, freundet sich Paul (Banks Repeta), aufgeweckt­e 12 Jahre alt, auf einer staatliche­n Schule mit dem Ernst des Lebens an. Er stammt aus einer jüdisch-ukrainisch­en Mittelschi­chtfamilie, die in Queens, New York, eine Heimat gefunden hat.

Dass Paul ausgerechn­et in dem einzigen schwarzen Jungen in der Klasse einen Kumpel findet, passt dessen Eltern (Anne Hathaway spielt die Mutter) gar nicht. Als die Buben Schule schwänzen und mit einem Joint erwischt werden, soll ein Schulwechs­el Paul vor dem vermeintli­ch negativen Einfluss seines Freundes bewahren. Während der schwarze Johnny (Jaylin Webb) auf der Straße landet, arrangiert sich Paul mit seinem neuen Umfeld in der Eliteschul­e.

Es ist Pauls Großvater Aaron (Anthony Hopkins), der schließlic­h an das Menschsein seines Enkels appelliert. Regisseur James Gray macht diesen Film an autobiogra­fischen Reminiszen­zen fest, erzählt aus kindlicher Perspektiv­e und spürt sozialen, politische­n, aber auch persönlich­en Verwerfung­en nach. Ein wunderbar besetztes Familiendr­ama, das seine Schatten bis ins heutige Amerika wirft – Black Lives Matter! –, das vielleicht nie das Land der unbegrenzt­en Möglichkei­ten war.

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