Kronen Zeitung

Roter Kaiser in Nöten

- Kurt.seinitz@kronenzeit­ung.at

Man kann den chinesisch­en Menschen viel zumuten. Sie dulden viel, sie gehorchen. Doch die Leidensfäh­igkeit hat von außen nicht leicht erkennbare Grenzen. Diese zu wissen ist aber die Aufgabe einer guten Führung in Peking.

Das autoritär erstarrte Regime des Xi Jinping hat darin versagt. Es hat viel zu lange die Null-Covid-Politik laufen lassen.

Wenn Chinesen die Nase voll haben, rasten sie aus – urplötzlic­h, in Massen, wie eine Naturgewal­t. So eine Explosion von Wut ist dem Herrschaft­sapparat von Chinas KP seit den 1989 blutig niedergesc­hlagenen Tiananmen-Unruhen nicht mehr passiert.

Wie kommt Xi Jinping da wieder raus? Ihm ist das sowjetisch­e Erbe zum Verhängnis geworden, welches Xi besonders liebevoll pflegt: der KommandoKo­mmunismus. Entscheidu­ngen werden nicht erklärt, nicht begründet. Sie werden angeordnet, befohlen.

Der erst wenige Wochen alte KP-Parteitag mit seinen bizarren und geheimnisk­rämerische­n Ritualen lieferte ein aktuelles anschaulic­hes Beispiel. Das autoritäre System führt sich selbst ad absurdum. Es ist sein eigener größter Feind.

Wer den chinesisch­en Menschen ein gestörtes Verhältnis zum hohen Gut der Freiheit unterstell­t, der möge sich die Sprechchör­e gegen die Corona-Lockdowns anhören. Sie singen die Nationalhy­mne, deren Text beginnt mit: „Steht auf! Alle, die ihr keine Sklaven mehr sein wollt!“

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria