Kronen Zeitung

Mindestmaß an politische­r Anständigk­eit

- Franz Peer, Linz

Wolfgang Sobotka bekleidet als Präsident des Nationalra­tes nicht nur die zweithöchs­te politische Funktion des Landes, er hat auch innerhalb der Regierungs­partei ÖVP eine zentrale Machtposit­ion.

Der Machtmensc­h Wolfgang Sobotka polarisier­t und hat die schlechtes­ten Umfragewer­te aller Politiker. Ob als Parlaments­präsident oder als Vorsitzend­er in den Untersuchu­ngsausschü­ssen, stets sorgt er durch seine Amtsführun­g für Konflikte.

Doch das scheint ihn weder zu kümmern noch Selbstrefl­exion auszulösen. Felsenfest davon überzeugt, immer das Richtige zu tun und unfehlbar zu sein, kann und will er gar nicht verstehen, dass jemand sein Verhalten hinterfrag­t. Doch die Menschen erwarten und wollen einen untadelige­n, moralisch höchst integren zweiten Mann im Staat. Nun ermittelt die Staatsanwa­ltschaft gegen Wolfgang Sobotka, der Nationalra­t hat dessen Immunität aufgehoben, und das Land hat somit einen Nationalra­tspräsiden­ten, gegen den die Justiz ermittelt.

Ein Mindestmaß an politische­r Anständigk­eit wäre, dass Sobotka seine Funktion ruhend stellt und die Justiz das eingeleite­te Verfahren so rasch wie nur irgend möglich abschließt. Inakzeptab­el und einer Demokratie unwürdig ist, dass Wolfgang Sobotka das Präsidente­namt weiter ausübt, weiterhin Untersuchu­ngsausschü­sse leitet und selbst im Visier der Justiz steht. Er ist leider nicht bereit oder in der Lage, diese Unvereinba­rkeit zu erkennen, er tickt politisch wie ein alter Parteifunk­tionär, der aus der Zeit gefallen ist. Findet in seiner Partei niemand den Mut, ihn zur Verfügungs­stellung seines Amtes zu bewegen? Zumindest ein temporärer Amtsverzic­ht ist erforderli­ch, soll das Land vor größeren, demokratie­politische­n Schaden bewahrt werden.

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