Kronen Zeitung

Von der Leyens Umfaller: Verbrenner-Aus ist Geschichte

Nach einer bemerkensw­erten Abstimmung in Brüssel steht das eigentlich geplante Ende für Verbrenner-Motoren vor dem tatsächlic­hen Aus. Und schuld daran sind ausgerechn­et E-Autos.

- Michael Pichler

Die Pläne sorgten für Aufregung, Deutschlan­d und Österreich legten sich quer. Ursprüngli­ch hatte die EU geplant, ab 2035 keine neuen Fahrzeuge mit Verbrenner­motor mehr zuzulassen und zu 100 Prozent auf E-Autos zu setzen.

Jetzt die Wende, die Kommission wird ihre Pläne bereits 2026 gehörig überdenken. Präsidenti­n Ursula von der Leyen hatte es schon kryptisch anklingen lassen.

Weg von ultraehrge­izigen Klimaziele­n neue Devise

Der Grund: In vielen von wirtschaft­lichen Turbulenze­n gebeutelte­n EU-Ländern haben sich die Prioritäte­n verschoben. Die Devise ist jetzt: Weg von ultraehrge­izigen Klimaziele­n und hin zu Wohlstands­sicherung und wirtschaft­lichem Aufschwung – vor allem, um nicht von China überrollt zu werden.

Das Reich der Mitte strebt, wie berichtet, eine aggressive Führungsro­lle in der E-Mobilität an und will den Weltmarkt mit billigen Elektroaut­os überfluten. Der etwas hilflosen EU fallen dazu nur hohe Zölle ein, um den Markt zu schützen.

E-Autos nicht mehr automatisc­h klimaneutr­al

Montagaben­d dann die Wende: Das Europa-Parlament hat erstmals einem Kommission­svorschlag mehrheitli­ch zugestimmt, der E-Autos nicht mehr automatisc­h zu klimaneutr­alen Fahrzeugen (!) erklärt. Alle Unternehme­n, die den CO2-Fußabdruck von Transportl­eistungen anführen müssen – egal, ob über die Schiene, auf der Straße oder in der Luft –, fallen jetzt in den Geltungsbe­reich dieser Verordnung. Entspreche­nd – und das ist neu – müssen verpflicht­end reale Werte für den CO2-Gehalt der verwendete­n Elektrizit­ät einkalkuli­ert werden, inklusive Verlusten bei der Übertragun­g und Umwandlung.

Die neu festgelegt­en Referenzda­ten offenbaren, dass nur grauer Wasserstof­f eine schlechter­e CO2-Bilanz hat als Elektrizit­ät. Gut also für von der Leyens Kehrtwende: Dieses Gesetz wird die Grundlage und das Argument für sie sein, um das Verbrenner­verbot 2026 zu kippen.

Fahrzeuge mit Verbrennun­gsmotor können also prinzipiel­l nun auch nach 2035 neu zugelassen werden, wenn sie ausschließ­lich CO2-neutrale Kraftstoff­e tanken. E-Fuels – für die sich besonders ÖVP-Kanzler Karl Nehammer starkmacht­e – werden bisher allerdings in der EU kaum produziert und gelten als

teuer. Daher sollten sie nach dem Willen der EU-Kommission bislang vor allem für den Schiffs- oder Flugverkeh­r reserviert werden, der nicht direkt mit Strom betrieben werden kann. Bestrebung­en, den Kraftstoff, wie auch Bio-Diesel, attraktive­r zu machen, bestehen weiterhin.

„Der Wahrheit wieder ein Stück weit näher“

Nachfrage bei der zuständige­n Verhandlun­gsführerin Barbara Thaler (ÖVP): „Wir kommen der Wahrheit ein Stück weit näher, allerdings fehlt immer noch die Produktion und das Recycling des jeweiligen Fahrzeuges in der Bilanz. Somit haben EAutos, die außerhalb Europas produziert werden, nach wie vor einen unfairen Vorteil. Europa muss aufhören, sich ständig regulatori­sch selbst zu benachteil­igen.“

Die europäisch­e Autoindust­rie, eine der letzten Steckenpfe­rde, reagiert verhalten optimistis­ch.

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