„Hundertwasser“zerstört
Gerade Linien und Kanten waren dem Meister ein Gräuel! Diese aber verschandeln jetzt das Hundertwasserhaus in Wien. Die Pflasterung als Teil des Gesamtkunstwerks ist zerstört.
Der verwurzelte Künstler verabscheute gerade Linien“, ruft der damalige Mitstreiter des Meisters, UmweltdachverbandEhrenpräsident Dr. Gerhard Heilingbrunner, in Erinnerung. Hundertwasser, der einst mit anderen Visionären wie „Auhirsch“Dr. Günther Nenning und mit der Unterstützung von „Krone“-Gründer Hans Dichand gegen ein Kraftwerk bei Hainburg zu Felde zog, begründete das damit, dass gerade Linien in der Natur nicht vorkommen. Diese seien geradezu gottlos, weil sie dem Menschen als Ebenbild Gottes nicht entsprächen.
Genau dieses KünstlerCredo, gegen „jede Standardisierung“, aber für „fantasievolle Lebendigkeit“zu sein, setzte der Meister in dem von ihm und seinem Architekten Josef Krawina entworfenen Haus in der Kegelgasse um. Bis Sommer 2023 war dieses Bild vollkommen. Doch der zum Gesamtkunstwerk zählende Vorplatz mit sanften Hügeln, einem Brunnen und der von Hundertwasser persönlich entworfenen Bodenpflasterung ist nicht mehr. Der harmonische Gesamteindruck – durch ein hässliches Rechteck zerstört!
Hundertwasser kann sich nicht dagegen wehren
„Diese Betonumrandung passt wie die Faust aufs Auge, und daran wird auch der noch zu pflanzende Baum nichts ändern“, empört sich der Kunstexperte Harald Böhm, der im Hundertwasserhaus das Infozentrum samt Souvenirgeschäft betreibt, mit 106 „fassungslosen Mietern“in einem offenen Brief an Bezirksvorsteher Erich Hohenberger. Wörtlich ist von Ignoranz und Selbstherrlichkeit die Rede – und davon, dass sich weder Hundertwasser noch Krawina gegen dieses Zerstörungswerk wehren können, weil sie schon verstorben sind. Jetzt wird ein Rückbau der Beschädigung der „Stadtlandschaft“, des Herzstücks des weltberühmten Kunstwerks, gefordert. Man zitiert die Aussage Hundertwassers vom 10. März 1980, „dass eben das Geometrische verschwinden muss und dass das Geometrische verbrecherisch ist.“
Hohenbergers Büroleiter Markus Liebsch will weder ,posthume‘ noch aktuelle Vorwürfe so stehen lassen: „Wir haben den Platz im Zuge der Umgestaltung genauso konzipiert, wie dieser Anrainer es gefordert hat. Auch Sitzbänke sind in der künftigen Klima-Kühlinsel vorgesehen.“
Böhm hält entgegen, dass es laut eigenen Angaben der Stadt Wien vor Gericht keine Vereinbarung mit ihm gab. Er fordert, dass der Brief der Anrainer endlich beantwortet wird. Faktum ist, dass der Klotz 18 Quadratmeter der Handschrift Hundertwassers verunziert hat. Zusätzlich wurden 80 Quadratmeter durch geometrisch-gerasterte Pflasterung ruiniert.