„Dritter Mann“und „Hauch des Todes“
Bei Spionage zwischen Ost & West verschmelzen Film und Wirklichkeit – wie Österreich im Agenten-Fokus steht
Sieben Termine für die erste Tour der neuen Saison am 2. Mai sind schon jetzt ausgebucht. Am Karlsplatz geht es runter ins dunkle Kanalnetz, zur Besichtigung der muffigen Original-Drehorte des legendären Spionage-Films: „Der dritte Mann“. Autor Graham Greene und Regisseur Carol Reed inszenierten die irre Verfolgungsjagd durch die vier Besatzungszonen 1949 in Wien. Der Showdown rund um eine Penizillin-Fälschung in einer Kabine des Riesenrades. Dann der tödliche Schuss unter einem Kanaldeckel, der den Fluchtweg versperrt. Dazu ertönt die Zither-Musik des Heurigen-Musikanten Anton Karas. Sein Harry-LimeSoundtrack machte ihn berühmt.
Kein Film: „Mister 7“liefert Geheiminfos an Tschechen
Real hingegen: Verzweifelt spürte die Staatspolizei einem mysteriösen „Mister 7“nach, der unter diesem Decknamen intime Details über Politik und Beamte an den tschechischen und den westdeutschen Geheimdienst verriet. Der Tipp kam von Ministerpräsident Olaf Palme aus Schweden: „Mister 7“arbeitete als Sektionsrat in der Herrengasse 7, im Innenministerium.
Im selben Haus filzte der Sekretär von Minister Franz Soronics persönliche Post und Einsatzpläne des Bundesheeres für die Sowjet-Invasion 1968 in der CSSR und verriet sie gegen Bares.
Eine Anklage im Salzburger Landesgericht galt als geheime Verschlusssache: 25 Jahre spionierte ein Bundesheer-Offizier für den Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije. Der GRU zeigte reges Interesse an dem atombombensicheren Regierungsbunker in der Liechtensteinklamm.
Die Ermittlungen hielten die in ganz Europa und vor allem am Balkan höchst aktiven Agenten aber für zu heftig: So fand der leitende Kriminalbeamte eines Tages zwei aktuelle russische Zeitungen auf seiner Türmatte. Liebesgrüße aus Moskau: Wir wissen alles über dich!
Von Oberst Redl bis zum aktuellen Fall Egisto Ott
Scheidung. Schulden. Gefälligkeiten. Rotlicht-Lokale. Wodka oder Whiskey. Das ist die Welt, in der Spione angeworben werden. Lange vor dem aktuellen Fall um Jan Marsalek und Egisto Ott, als es noch kein Internet samt seinen verräterischen Servern gab, dienten Bäume und Papierkörbe in Parks und im Prater als Plätze zur Hinterlegung verschlüsselter schriftlicher Nachrichten.
Wie „Der dritte Mann“im zerbombten Wien drehte 1987 auch 007 eine Runde mit dem Riesenrad: James Bond beim Versuch, einen übergelaufenen KGB-General in den Westen zu holen. Der „Hauch des Todes“als 15. Bond-Streifen.
Kein Drehbuch kommt an die Wirklichkeit des größten Spionagefalls Europas heran: Alfred Redl, Oberst im Generalstab der k. u. k. Armee, verriet jahrelang die Aufmarsch-Pläne der Habsburger an die Russen. Sein aufwendiger Lebensstil und seine Vorliebe für junge Männer hatten ihn erpressbar gemacht. Der Top-Spion nahm im Mai 1913 ein Ende wie im Film: „Ich bitte um eine Waffe!“, flehte er nach seiner Enttarnung durch den Militärgeheimdienst in einem Hotel in der Herrengasse. Dann beförderte er sich mit einem Kopfschuss ins Jenseits.