Warum viele Preise jetzt wieder sinken
Der Chef von Rewe (Billa, Bipa, Adeg) über höhere Kosten, Erzrivalen und das „Kaufhaus Lamarr“
D en Menschen zerrinnt das Geld beim Einkauf zwischen den Fingern. Wann werden Lebensmittel endlich wieder billiger?
Bei uns laufend. Bei 1100 Produkten haben wir die Preise im letzten Jahr gesenkt, die Rabattaktionen haben wir auf knapp 40 des Sortiments hochgefahren, und wir haben weiterhin hart mit internationalen Lieferanten verhandelt, um die Teuerung abzufedern.
1100 Produkte sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Ein Billa-Plus-Markt hat über 20.000 Artikel . . .
Aber ein Billa-Markt hat rund 8000 Artikel. Damit wirken sich unsere Preissenkungen ordentlich aus. Und wir setzen sie laufend fort: So werden Teigwaren billiger, weil wir sie billiger einkaufen können. Auch bei Raps- und Sonnenblumenöl sinken die Preise.
„Billa sagt der Hausverstand, Hofer sagt der Kontostand“– Ihre Meinung dazu?
Ich bin ein Fan von Fakten.
Wir haben 840 Produkte, die preislich auf Diskont-Niveau sind, darunter mehr als 700 Clever-Produkte. Man muss also kein Benzingeld mehr ausgeben, um zum Diskonter zu fahren. Man kann auch bei uns alles günstig kaufen.
Werden die Preise jemals wieder so niedrig wie früher sein? Weil die Energiekosten inzwischen wieder sinken . . .
Aber die Energiepreise sind nicht auf Vorkrisenniveau. Und die Gehälter stiegen in zwei Jahren um 17 Prozent. Wir beschäftigen in Österreich 47.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und wir wollen natürlich nicht, dass diese wieder weniger verdienen.
Aus der Industrie gibt es viele Klagen über das geplante EU-Lieferkettengesetz, das Standards etwa für Arbeitsbedingungen festlegt. Wie sehr betrifft das auch Sie?
Das trifft uns auch. Es ist ein Bürokratiemonster. Die Intention ist richtig, denn jeder will, dass die Arbeitsbedingungen in den Erzeugerländern korrekt, fair und sozial sind. Nur: Das nachzuvollziehen, schafft einen bürokratischen Aufwand, an dem vor allem die Berater verdienen werden.
Das bedeutet Mehrkosten?
Wir bauen Dutzende Leute auf und schauen, wie wir ein Kontrollsystem implementieren, um sicherzugehen, dass unsere Lieferanten die Standards einhalten. Es ist ein Wahnsinn. In Europa bauen wir uns da eine Administration auf, die uns in unserer Wettbewerbsfähigkeit schwächt.
Zum Thema Signa und dem Kaufhaus Lamarr: Spar-Chef
Wir haben 840 Produkte, die preislich auf Diskont-Niveau sind. Man muss nicht mehr zum Diskonter fahren!
Marcel Haraszti
Reisch hat gesagt, die Baustelle des Rohbaus auf der Mariahilfer Straße bereits besichtigt zu haben. Sie auch?
Ich bin oft auf der Mariahilfer Straße. Die Lage ist sehr attraktiv, und wir sind immer an Standorten für Billa Plus interessiert. Aber wenn ich mir Rahmenbedingungen und Investitionsaufwand anschaue, ist unser Interesse überschaubar.
Reisch hat als Preis, ab dem er verhandeln würde, genannt: Grundstückspreis minus Abbruchkosten . . .
Dann sage ich: Grundstückspreis minus Abrisskosten minus 20 Prozent! Aber im Ernst: Wir haben Interesse bekundet, aber können den Rohbau, so wie er dasteht, nicht verwenden. Es ist alles eine Frage des Preises.
Spar hat vor Jahren die Marktführerschaft in Österreich errungen und sie ausgebaut. Wie sehr ärgert Sie das?
Bei Billa ist der Umsatz in Österreich letztes Jahr um 8,6 Prozent gestiegen bei einer Inflation von 7,8 Prozent. Marktanteile können auch arm machen. Was zählt, ist gesundes Wachstum!
Das EU-Lieferkettengesetz ist ein Bürokratiemonster, das Europa in seiner Wettbewerbsfähigkeit schwächt. Marcel Haraszti