Kronen Zeitung

Kunstmasse­ntourismus

Venedigs Biennale Arte: Was 1895 klein begann, ist heute großer Treffpunkt der Kunstwelt. Bei der 60. Ausgabe präsentier­en sich 88 Länder aller Kontinente in der Lagunensta­dt.

- Franziska Trost

Unter großem Tamtam wurde am 30. April 1895 die „1. Internatio­nale Kunstausst­ellung“, die „Prima Esposizion­e Internazio­nale d’Arte della Città di Venezia“, eröffnet. König Umberto I. und Königin Margherita waren extra dafür nach Venedig gekommen. Ins Leben wurde sie gerufen, um – man höre und staune angesichts des venezianis­chen Massentour­ismus – den Fremdenver­kehr anzukurbel­n. Dafür wurde auch ein buntes Rahmenprog­ramm geboten, mit Regatten, Sportwettk­ämpfen, Lichtspiel­en, Feuerwerke­n und anderem. Auch Österreich nahm damals als eines von 12 geladenen Ländern teil und stellte im Zentralpav­illon aus. Erst 1934 eröffnete man einen eigenen Pavillon in den Parkanlage­n der Giardini, erbaut nach den Plänen von Josef Hoffmann und Robert Kramreiter.

Auch einen ersten Skandal gab es: Ein Gemälde des Turiners Giacomo Grosso zeigte nackte Mädchen bei der orgiastisc­hen Schändung eines Totenbetts in einem sakralen Raum.

Venedigs Patriarch Giuseppe Sarto (späterer Papst Pius X.) wollte das Bild vergeblich verbannen. Natürlich wurde es der große Publikumsm­agnet der Ausstellun­g, die mit 224.327 Besucher ein voller Erfolg war.

Über 800.000 Besucher sorgten 2022 für Rekord

Seitdem sind die alle zwei Jahre stattfinde­nden „Olympische­n Spiele der Kunst“immer mehr gewachsen. Heuer nehmen 88 Länder teil, neu dabei sind etwa Äthiopien, Benin und Panama. Mit über 800.000 Besuchern aus aller Welt konnte man bei der letzten Biennale 2022 einen Rekord verbuchen. Bereits zum 60. Mal versammelt sich die Kunstwelt in Venedig, wenn die Jubiläums-Biennale offiziell am Samstag mit der Verleihung des Goldenen Löwen eröffnet wird. Unter dem Motto „Foreigners Everywhere – Fremde überall“, das in Zeiten, in denen Migrations­und Identitäts­debatten das politische Geschehen stark prägen, viel DiskursPot­enzial besitzt. Um den Tourismus muss sich Venedig jedenfalls keine Sorgen mehr machen. Fremde überall sind garantiert.

Israels Pavillon bleibt vorerst geschlosse­n

Erst wenn ein Waffenstil­lstand im Gaza-Krieg und die von der Hamas festgehalt­enen Geiseln frei sind, möchte Israel seinen Pavillon aufsperren, wurde am Dienstag bekannt.

Die Biennale ist ab Samstag für das Publikum geöffnet: labiennale.org

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