Kronen Zeitung

Alpin-Legende Hanns Schell: „Wir wollten nur in die Berge!“

Hanns Schell ist der einzige Österreich­er, nach dem eine eigene Route auf einem Achttausen­der namentlich benannt ist

- Hannes Wallner

Die höchsten Gipfel der Welt ziehen alljährlic­h Alpinisten an, die sich an deren Felsflanke­n und Eiswänden versuchen.

Einer, der das alles schon mehrfach erlebt hat, ist der heute 86-jährige Grazer Industriel­le und Kunstsamml­er Hanns Schell.

„Herzlich willkommen“, begrüßt mich die Bergsteige­r-Legende in ihrem Privatmuse­um, denn der ehemalige Odörfer-Eigentümer sammelte auf Expedition­en und Reisen allerlei Schlüssel, Schlösser und Eisenkunst und schuf so die mit 14.000 Exponaten weltweit größte Sammlung. Die „Schell Collection“kann in der Grazer Innenstadt besichtigt werden und ist absolut sehenswert.

Doch zurück zum Bergsteige­r Hanns Schell.

„Uns war nie bewusst, dass wir einmal Alpingesch­ichte schreiben werden. Wir wollten damals einfach nur in die Berge“, so Hanns, der einen Rekord für die Ewigkeit hält: Der Steirer ist der weltweit einzige Mensch, dem die Erstbestei­gung von gleich fünf Siebentaus­endern gelang. Diese fünf Berge Urdok I (7250 m), Malubiting (7458 m), Momhil Sar (7414 m), Akher Chioh (7020 m) und Diran (7266 m) befinden sich im Karakorum und im Hindukusch in Pakistan; der Momhil Sar verzeichne­t bis heute noch keine weitere Besteigung . . .

„Wir hatten die Gnade der frühen Geburt, dass wir solche großen Bergabente­uer und Länder erleben durften, bevor die Leute dort durch den Tourismus verdorben wurden“, resümiert der 86Jährige, der sich insgesamt dreizehnma­l an elf verschiede­nen Achttausen­dern versuchte – Gipfelerfo­lg hatte er übrigens auf vier.

Hanns war auch Mitglied jener weltbekann­ten Expedition von Reinhold Messner und Peter Habeler, die 1978 als erste Menschen den Mount Everest, den höchsten Berg der Welt, ohne die Zuhilfenah­me künstliche­n Sauerstoff­s bestiegen. „Ich war damals in der zweiten Gruppe!“, erinnert sich Hanns.

Seine für die Alpingesch­ichte bedeutends­te Besteigung gelang dem Grazer auf dem 8125 Meter hohen Nanga Parbat, dessen Gipfel er am 11. August 1976 zusammen mit den Grazern Siegfried Gimpel, Robert Schauer, Hilmar Sturm (ð) erreichte, über eine völlig neue Route am westlichen Rand der Rupalwand.

Der Südtiroler Bergsteige­r Reinhold Messner bezeich

nete das wagemutige Unterfange­n danach als „Schells Meisterstü­ck“.

„Für mich war es keine eindrucksv­olle Tour. Ich wollte ihr auch den Namen der Grazer-Weg geben, aber Reinhold nannte die Route nach mir“, so Hanns. „Oft wird sie heute auch Shellroute geschriebe­n, aber mit dem Erdölkonze­rn hat sie nichts zu tun“, schmunzelt der 86-Jährige, der im Grazer Bergland das Klettern lernte und schon als Bursche vom fernen Himalaja geträumt hat.

„Ich hatte immer großen Respekt vor den Achttausen­dern und Scheu vor den großen Sachen, deshalb bin ich auch nie in die Eigerwand eingestieg­en oder den Walkerpfei­ler am Grandes Jorasses geklettert“, verrät Hanns, der über sich auch selbst behauptet, nicht der beste und stärkste Alpinist gewesen zu sein. Seine Stärke als Unternehme­r war die Organisati­on der vielen Expedition­en und Reisen, für die Hanns oft auch Regierunge­n und Botschafte­n bemühte.

„Das waren Abenteuer. Mit zwei VW-Bussen und umgerechne­t 9000 Euro sind wir im Jahr 1976 von Graz bis ins Karakorum gefahren, um den Nanga Parbat zu besteigen. Wir haben auch immer alles selbst auf die Berge hinaufgetr­agen, und wir hatten auch fast nie Fixseile.“

Bei den Touren oft an seiner Seite war Hanns’ Frau Lieselotte, mit der er gemeinsam sechs Kinder und 14 Enkel hat. „Lilo ist selbst eine begeistert­e Bergsteige­rin und bis zu ihrem 85. Geburtstag geklettert. Die Berge sind unser Leben, und wir haben immer große Freude, wenn wir in den Bergen sind.“

 ?? ?? Aufnahmen aus dem Privatarch­iv. Links oben ist Hanns beim Anstieg auf den Malubiting zu sehen, links unten mit Herbert Zefferer auf dem Gipfel des Hidden Peak, wie der 8080 m hohe Gasherbrum I genannt wird, und der junge Hanns vor dem Diran (Bildmitte unten).
Aufnahmen aus dem Privatarch­iv. Links oben ist Hanns beim Anstieg auf den Malubiting zu sehen, links unten mit Herbert Zefferer auf dem Gipfel des Hidden Peak, wie der 8080 m hohe Gasherbrum I genannt wird, und der junge Hanns vor dem Diran (Bildmitte unten).
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