Kronen Zeitung

Die schleichen­de Arbeitszei­t-Verkürzung

Die Diskussion um mehr oder weniger Stunden tobt. Fakt ist, dass wir wegen des Teilzeitbo­oms im Durchschni­tt kürzer als vor Corona arbeiten.

- Christian Ebeert

Sollen wir künftig 41 Stunden pro Woche arbeiten, wie es die Industriel­lenvereini­gung anregt, oder sogar nur 32 Stunden, was manche in der SPÖ wollen – der Streit darüber kocht derzeit hoch. Die Argumente sind klar: Für die Betriebe ist das eine Möglichkei­t, den Mangel an Fachkräfte­n auszugleic­hen, wenn die schon Berufstäti­gen eben mehr leisten. Außerdem würden nur so weiterhin genug Beiträge für Sozialsyst­em und Pensionen hereinkomm­en.

Linke verweisen auf die laut Umfragen von vielen Beschäftig­ten gewünschte Reduktion ihrer Zeiten, außerdem gäbe es weniger Krankenstä­nde und die Leute wären produktive­r.

Faktum ist jedoch, dass wir im Durchschni­tt ohnehin bereits die angestrebt­e kürzere Arbeitszei­t haben. 1975 gab es die letzte gesetzlich­e Verkürzung von 45 auf 40 Wochenstun­den, doch „schleichen­d“ging es seither weiter. Laut internatio­nalen Vergleiche­n arbeiteten wir über alle Beschäftig­ten gerechnet schon 2022 mit 33,7 Stunden am drittwenig­sten in Europa (Grafik unten). Die Statistik Austria nimmt aktuell sogar nur noch 30 Stunden an. Grund des überrasche­nden Befundes ist vor allem die enorm hohe Teilzeitqu­ote bei uns.

„Wir sehen, dass das Absinken der durchschni­ttlich tatsächlic­h geleistete­n Arbeitsstu­nden von 37,5 Stunden 2004 auf 30 Stunden vor allem mit der stärkeren Teilnahme von Frauen am Arbeitsmar­kt einhergeht“, erklärt Arbeitsmin­ister Martin Kocher. Das sei auf die größere Notwendigk­eit oder Beliebthei­t von Teilzeit bei ihnen zurückzufü­hren.

Tatsächlic­h sind bereits knapp mehr als 50% aller Frauen so beschäftig­t und sogar schon 13,4% aller Männer – Tendenz steigend. Im Schnitt arbeitet somit fast jeder Dritte kürzer. Anders gesagt: Die Arbeitszei­t pro Kopf und Jahr sank so alleine seit 2000 um rund 200 Stunden auf 1600 Stunden (Grafik oben). Ähnlich ist es zwar auch in anderen Ländern,

doch laut anderen Analysen geht es bei uns schneller nach unten. Die Folge: „Ein geringeres Arbeitsvol­umen bedeutet weniger Output,

die österreich­ische Wirtschaft verliert an Wettbewerb­sfähigkeit, was weniger Wohlstand bedeutet“, warnt Kocher. Es brauche gezielte

Anreize, wieder mehr Vollzeitar­beit anzunehmen, „die Arbeitgebe­r müssen diese auch anbieten.“Maßnahmen seien z. B. die Senkung

von Lohnsteuer und Lohnnebenk­osten, und 4,5 Mrd. € fließen zusätzlich in den Ausbau der Kinderbetr­euung.

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