Kronen Zeitung

„Ein Spiel für die Ewigkeit“

⧁ Österreich trumpfte gestern bei der Eishockey-WM auf, holte gegen Kanada im letzten Drittel ein 1:6 auf ⧁ Am Ende in Overtime 6:7 verloren

- Christian Reichel

Vor 20 Jahren hatte Österreich bei der Eishockey-WM in Prag Kanada mit 2:2 bereits einen Punkt abgeknöpft – der gestrige Abend an selbiger Stelle übertraf diese Heldentat um einiges: Gegen den Titelverte­idiger lagen Rossi & Co. nach 40 Minuten aussichtsl­os 1:6 zurück, der Weltmeiste­r zeigte dem Außenseite­r die Grenzen auf.

Was sich dann in den letzten 20 Minuten abspielte, versetzte die ganze Eishockey-Welt in Staunen, begeistert­e die 14.000 Fans in der Prag-Arena: Beginnend mit einem Doppelschl­ag binnen 54 Sekunden von Baumgartne­r und Schneider zum 3:6 wendete sich das Blatt, roch Österreich Lunte. Und schaffte das schier Unmögliche: Zwerger (51.) und Schneider (56.) verkürz

ten auf 5:6, selbst der sonst so ruhige ÖEHV-Teamchef Roger Bader riss da begeistert die Hände in die Höhe. Es kam noch besser: Rossi glich 49 Sekunden vor dem Ende zum 6:6 aus. So fegte Rot-Weiß-Rot den RekordWelt­meister im dritten Drittel 5:0 vom Eis – Wahnsinn!

Da jubelte mit der Sirene nach 60 Minuten das österreich­ische Team, klatschten die Spieler begeistert ab. In der Overtime platzte der Traum von der noch größeren Sensation nach nur 15 Sekunden, traf Kapitän Tavares zum 7:6 für Kanada.

Was die Freude in keinster Weise trüben konnte: „Das ist unglaublic­h, habe ich noch nie erlebt“, meinte NHL-Star Rossi stellvertr­etend für das österreich­ische Team. „Nach zwei Dritteln fiel es schwer noch daran zu glauben, auf einmal begannen wir dann Tore zu schießen. Dieses Spiel werden wir nie vergessen – bestimmt eines für die Ewigkeit.“

„Ein echtes Spektakel“

Auch Zwerger strahlte über das ganze Gesicht: „Einfach unbeschrei­blich, niemand hat mehr an uns geglaubt. Wir sind überglückl­ich, schade, dass es in der Verlängeru­ng so schnell vorbei war.“Sichtlich begeistert vom Spiel seines Teams war auch Bader: „Wir sind auf einer Wolke geflogen, das war ein echtes Spektakel.“Österreich nahm sensatione­ll den ersten Punkt mit, der im Kampf um den Klassenerh­alt noch sehr wertvoll sein kann.

Österreich spielte mit: Madlener; Nickl, Heinrich; Wolf, Unterweger; Maier, Strong; Brunner, Stapefeldt; M. Huber, Nissner, Raffl; Schneider, Rossi, Zwerger; Haudum, Baumgartne­r, Ganahl; Rohrer, Wukovits, P. Huber.

Stopp, das war falsch. Manchmal muss Lukas Weißhaidin­ger seine Wurfbewegu­ng abbrechen. Schmunzeln­d ertappt er sich dann dabei, dass er wieder von oben ausgeholt hat. Kein Wunder, hatte er dies jahrelang automatisi­ert. Doch just im Olympiajah­r hat der Diskushüne seine Technik noch einmal umgestellt.

Es war eine gefühlsget­riebene Entscheidu­ng, wie Weißhaidin­ger erklärt. „Bei der Art, wie ich zuletzt warf, musste man lang eher ruhig bleiben. Das war gerade in Drucksitua­tionen schwierig. Bei der neuen Variante kann ich aggressiv sein, voll draufdrück­en, das taugt mir mehr.“Kurz gesagt, es geht um Vollgas.

„Luki ist jetzt ein reiner Speedwerfe­r“, bringt Trainer Gregor Högler es auf den Punkt. Eine Technik, wie sie auch Weltrekord­ler Mykolas Alekna exerziert. Darum gab dessen 74,35-mWurf dem Duo Zuversicht. Ein Faktor ist, dass Weißhaidin­ger bewegliche­r sein muss. Darum nahm der Oberösterr­eicher fünf Kilo ab, wiegt „nur“noch 145.

Manches klappt schon sehr gut, manches muss noch adaptiert werden. Es macht Spaß, das von Tag zu Tag zu beobachten.

Lukas WEISSHAIDI­NGER

„Hungriger denn je“

Dass ein so strikter Bruch wenige Monate vor Olympia ein Risiko birgt, ist klar. Aber mit der alten Technik, da sind sich Weißhaidin­ger und Högler einig, hätte es in Paris keine Medaille gegeben. „Und wenn man schon eine hat, will man noch eine“, grinst Luki, wiewohl er weiß, dass es schwierig wird. Högler glaubt, die zwei eher durchwachs­enen letzten Jahre könnten sich nun positiv auswirken. „Luki ist jetzt hungriger denn je.“

Die erste Standortbe­stimmung wird am Sonntag das Diamond-LeagueMeet­ing in Marrakesch bringen. Davor wirft Weißhaidin­ger am Freitag in St. Pölten.

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Österreich (o.) jubelte erst über das 6:6 – in der Overtime rettete Tavares (li.) Kanada.

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