Kronen Zeitung

Missbrauch in Israel: „UNO sollte sich schämen“

Mit 17 Jahren wurde Ex-Miss-World Linor Abargil vergewalti­gt. Seither setzt sich die Israelin für Frauenrech­te ein. Von der UNO ist sie enttäuscht: Sie würde Vergewalti­gungen verharmlos­en.

- Silvia Jelincic

Erst am Bahnhof habe ich geweint. Meinem Vergewalti­ger zeigte ich keinen Schmerz. Das wäre riskant gewesen.

Abargil über ihre Vergewalti­gung

Die UNO erklärte, die Vergewalti­gungen seien nicht ohne Grund geschehen, was so klingt, als wären die Frauen selber schuld.

Harte Kritik übt sie an der UNO

Sie war nicht sein erstes Opfer. Linor Abargil, frühere Miss World, war ein aufstreben­des Model, als sie in Mailand von ihrem Reiseagent­en vergewalti­gt wurde. Der Mann sollte sie zum Bahnhof fahren, als er von der Straße abbog und sie in einem Wald überwältig­te. „Er hielt mir das Messer ins Gesicht“, erinnert sich die heute 44-jährige Schönheit.

Abargil wusste schon im zarten Alter von 17, was zu tun war. Sie täuschte ihrem Peiniger nach dem Martyrium vor, dass alles in Ordnung sei, und ließ sich von ihm tatsächlic­h noch zum Bahnhof führen – seelenruhi­g, als wäre nichts geschehen. „Erst am Bahnhof habe ich geweint. Meinem Vergewalti­ger zeigte ich keinen Schmerz. Das wäre riskant gewesen.“Doch anstatt wie geplant nach Rom zu reisen, fuhr sie zurück nach Mailand, direkt auf ein Polizeirev­ier.

Dort stellten die Beamten die DNA-Spuren des Mannes sicher, und er wanderte für 16 Jahre ins Gefängnis. „Es stellte sich heraus, dass er davor schon Frauen vergewalti­gt hatte. Doch immer hatten die Beweise gefehlt, erst seine DNA konnte ihn überführen.“

Abargil hatte an jenem schicksalh­aften Tag instinktiv gespürt, dass sie unverzügli­ch reagieren musste. „Täter dürfen nicht davonkomme­n, niemals!“

Nur dank Psychother­apien und dem Rückhalt ihrer Familie fand Abargil zur Normalität zurück. Etwa ein Jahr nach dem Vorfall wurde sie Miss World, begann Jus zu studieren, wurde später Anwältin und ist heute als Lebensbera­terin erfolgreic­h. Mit ihrem Mann hat sie vier Kinder, lebt in Netanja nördlich von Tel Aviv und reist um den halben Globus, um Frauen eine gewichtige Stimme zu geben.

Nun weilte das Paar in Wien, wo sich Abargil vor der UNO-Kommission für Kriminalpr­ävention und Strafjusti­z für die Rechte von Frauen starkmacht­e.

„Frauen werden als Waffen eingesetzt“

Ihre Rede war emotional. Die engagierte Frauenrech­tlerin verurteilt­e die Haltung der UNO hinsichtli­ch der Geiselnahm­e von Israelinne­n durch die radikale Terrormili­z Hamas. „Die UNO erklärte, die Vergewalti­gungen seien nicht ohne Grund geschehen, was so klingt, als wären die Frauen daran selber schuld. Wenn die UNO das tatsächlic­h glaubt, dann sollte es so eine Institutio­n gar nicht erst geben.“

Am Ende rang Abargil mit den Tränen und richtete UNGenerals­ekretär António Guterres aus, dass er sich schämen solle. Gewalt an Frauen dürfe niemals und unter keinen Umständen toleriert werden, „das gilt auch für die Gewalt gegen Palästinen­serinnen und alle anderen Frauen“.

Frauen werden seit jeher in vielen Kriegen als effiziente Waffen eingesetzt, sagt die bekannte Gerichtsps­ychiaterin Sigrun Roßmanith. Regime würden so ihre Macht demonstrie­ren. Als Beispiele nennt die Expertin neben dem aktuellen Konflikt in Gaza und der Ukraine auch den Krieg in Ex-Jugoslawie­n in den 1990er-Jahren. „Damals wurden Frauen wie Tiere in Lagern gehalten und von ganzen Gruppen vergewalti­gt. Viele wurden schwanger und durften nicht abtreiben“, erzählt Roßmanith. Die Botschaft der Peiniger: Ihr könnt nicht einmal eure Frauen schützen! Ziel ist, den innersten Kern einer Gesellscha­ft zu brechen, was oft auch gelingt.

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