Übersinnliches
Alsdann, de Gschicht war a so“, berichtete Herr S. dem Bezirksrichter. „I hab neilich in an Kaffeehaus an ganz berühmten Spiritisten kennaglernt, a Koryphäe auf dem Gebiet der übersinnlichen Wahrnehmung. I bin mit eahm ins Gespräch kumma, und im Laufe des Gespräches hat ma der Mann die Ehre gegeben und hat ma erlaubt, dass i eahm in mei Wohnung einlad, damit er ma durt des Tischerlruckn zeign kann.
I hab den Mann mit der allergrößten Ehrfurcht behandelt, weil i hab ja gwusst, dass er a großer Spiritist is, und hab eahm bei mir no zwa, drei Stamperln Spirituosen aufgwartet. Dann hab i eahm mit der allergrößten Ehrfurcht gfragt, ob er ma jetzt des Tischerlruckn zeign könnt.
Der Mann war einverstanden und hat mi gfragt, mit wem i im Jenseits Kontakt aufnehma möcht. I hab gsagt, wanns nix ausmacht, tät i gern mitn Karl-Onkl redn, weil der war immer a leutseliger Kampl, und er hat aa mei Frau sehr gern ghabt, de was jetzt jedn Moment hamkumma wird.
Drauf hat der berühmte Spiritist gsagt, i soll mi vis-àvis von eahm an mein schwern Wohnzimmertisch setzn, er ruaft jetzt in KarlOnkl. Mir habn uns hingsetzt, der Tisch is unhamlich schwer, und der berühmte Spiritist hat, ob S es glaubn oder net, den schwern Tisch dazua bracht, dass er se von selber bewegt. Der Tisch is hin und her gruckt, dass ma glaubn hätt könna, der KarlOnkl is als a Unsichtbarer in Zimmer und schiabt den Tisch selber hin und her.
Beeindruckt wie nie zuvor bin i bei dem Tisch gsessn und hab gar net bemerkt, dass mei Ehefrau hamkummt. Endlich hab is in der Tür stehn gsehn, und hab gsagt: ,Mama! Der Karl-Onkl is da!‘
Drauf schaut mei Frau ganz entgeistert auf den Tisch, wia er se hin und her bewegt, stürzt se auf uns und schreit: ,Ja, sads denn es narrisch, dass es den schwarn Tisch da hin und her ruckn lassts? Sechts net, wia der den Parkettbodn zerkratzt? Legts eich was unter, wanns mitn Karl-Onkl redn wollts, oder gehts in de Kuchl ausse. A Wurt no, a jenseitiges, und i hau eich durch Sunn und Mond, dass glaubts, ihr seids nimmer da auf dera Welt!‘
Der Spiritist war ganz weg und hat gmant, de Kratzer gengan mit an Spiritus ausse. Aber mei Frau war so wüld, dass uns alle zwa aus der Wohnung gjaugt hat. A so a überirdische Enttäuschung! I hätt ma nie denkt, dass mei Frau aus Reinlichkeitsgründen sogar auf a Tratscherl mitn Karl-Onkl verzicht!“
Der Spiritist hatte wegen tätlicher Ehrenbeleidigung geklagt. Frau S. („Der Karl-Onkl is Zeuge, i hab eahm nix tan!“) wurde freigesprochen.