Kronen Zeitung

Europa vor neuer Flüchtling­s- Krise

Ansturm auf Italien Strom zieht nach Norden

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Paris/Rom/ Berlin/ Wien.–Mangelnde Unterstütz­ung inder Flüchtling­s krise hat Italiens Innenminis­ter Marco Minnitid er EU am Sonntag vorgeworfe­n. Ursache für die scharfe Kritik an der Brüsseler Hochbürokr­atie ist zunehmende Nervosität in Italien wegen der steigenden Zahl illegaler Migranten auf Sizilien.

Beobachtun­gsposten in den süditalien­ischen Küstenregi­onen berichten, dass alleine in der vergangene­n Woche 13.000 bis 15.000 illegale Migranten in Sizilien angekommen sind: Bootsflüch­tlinge, die von Libyen aus über die Mittelmeer­routen in Europa gestrandet sind. So weit es dazu überhaupt verlässlic­he Statistike­n gibt, sind damit seit Anfang des Jahres rund 83.000 Flüchtling­e in Italien gezählt worden. Das sind 20 bis 25 Prozent mehr als im Vergleichs­zeitraum des vergangene­n Jahres.

Gestorben oder als vermisst gemeldet sind nach der Flucht über das Mittelmeer in den vergangene­n sechs Monaten mehr als 2000 Menschen.

Militär- Prognosen: 250.000 Flüchtling­e

In den Brüsseler Lagebeobac­htungsdien­sten lauten die Prognosen, dass zumindest für heuer in Italien mit der Ankunft von 230.000 bis 250.000 Personen zu rechnen ist. Die Herkunftsl­änder der Flüchtling­e sind Nigeria, Eritrea, Pakistan, Irak und Mali. Militärisc­he und polizeilic­he Spezialist­en der EU berichten zudem, dass „ Italien sich durchaus bemüht, die illegalen Migranten mobil zu halten“, wie ein Spitzenbea­mter berichtet. Konkret heißt das, dass den Flüchtling­en bei der Überfahrt von Sizilien auf das Festland Unterstütz­ung gegeben wird.

Innenminis­ter Wolfgang Sobotka drängt im Gespräch mit der „ Krone“am Sonntag einmal mehr darauf, dass in der Europäisch­en Union die Anstrengun­gen verstärkt werden, die Flüchtling­srouten über das Mittelmeer endlich zu schließen.

Überwachun­gsbilder haben zuletzt ergeben, dass viele der Flüchtling­e afrikanisc­her Herkunft sich von Italien aus Richtung Frank- reich und Schweiz auf den Weg gemacht haben.

Allerdings rechnen Experten auch mit einer möglichen Zuspitzung der Lage an der italienisc­h- österreich­ischen Grenze. Der Brenner- Übergang gilt als einer der nächsten Anlaufpost­en für die aus dem Süden kommenden Flüchtling­e.

24 Stunden Vorwarnzei­t für die Brenner- Grenze

In Österreich werden jedenfalls unter Anweisung des Innenminis­teriums die technische­n und baulichen Vorbereitu­ngen zu einer möglichen Schließung der Brenner- Grenze zu Italien intensivie­rt, um im Ernstfall vorbereite­t zu sein. Im Eskalation­sfall wird die Vorwarnzei­t mit etwa 24 Stunden beurteilt.

Strategie- Gipfel der Innenminis­ter in Paris

Sonntagabe­nd sind die Innenminis­ter Frankreich­s, Deutschlan­ds und Italiens zu einem Krisen- Gipfel in Paris zusammenge­troffen. Man wolle „ ein abgestimmt­es Vorgehen“aufgrund der deutlich steigenden Zahl von Flüchtling­en, die über das Mittelmeer nach Europa kommen. UNO-Flüchtling­skommissar Filippo Grandi sagte: „ Was sich vor unseren Augen in Italien abspielt, ist eine Tragödie.“

 ??  ?? Mit fast 1500 erschöpfte­n Flüchtling­en kam das Rettungssc­hiff „ Vos Prudence“in Neapel an
Mit fast 1500 erschöpfte­n Flüchtling­en kam das Rettungssc­hiff „ Vos Prudence“in Neapel an
 ??  ?? Rettungsak­tion für Migranten im Mittelmeer vor Libyens Küste
Rettungsak­tion für Migranten im Mittelmeer vor Libyens Küste
 ??  ?? Leichenwag­en in Catania für den Abtranspor­t ertrunkene­r Flüchtling­e
Leichenwag­en in Catania für den Abtranspor­t ertrunkene­r Flüchtling­e
 ??  ?? Hunderte Flüchtling­e auf dem Weg durch Italien
Hunderte Flüchtling­e auf dem Weg durch Italien
 ??  ?? Brenner- Grenze kann auch geschlosse­n werden
Brenner- Grenze kann auch geschlosse­n werden

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