Alles leiser
Die Vorzeichen sind ähnliche, aber doch verhält es sich derzeit nicht ganz so wie im September 2015.
Damals, während der großen Krise, öffnete Österreich die Grenzbalken zu Ungarn für die noch überwiegend syrischen Kriegsflüchtlinge – um sie mit pompöser humanistischer Geste nach Deutschland weiterzuwinken.
Die europäischen Regierungen hätten damals gewarnt sein können. Nachrichtendienstliche Militärs hatten die dramatischen Entwicklungen in Syrien und die möglichen Folgen für Europa schon die längste Zeit vorhergesagt.
Diesmal bahnt sich die Krise mit weniger dramatischen Hinweisen an. Es sind nicht wie damals im Herbst 2015 mehr als 700.000 Flüchtlinge, die in nur sechs Monaten nach Europa gekommen sind. Die Fernsehbilder liefern nicht wie vor zwei Jahren täglich erschütterende Nachrichten aus den syrischen Kampfzonen in Europas Wohnzimmer und Staatskanzleien.
Diesmal läuft alles leiser, weniger aufgeregt, nicht so alarmierend. Das ist einerseits gut. Andererseits birgt das die Gefahr, unaufmerksam für das vielleicht noch Kommende zu werden.
Die bemerkenswerte Ruhe mag vielleicht damit zu tun haben, dass einige in der Politik das Flüchtlingsthema im Wahlkampf überhaupt nicht brauchen können. Schließlich wird in Deutschland im September gewählt, und Österreich wählt man im Oktober.
Bei aller Gelassenheit: Ignoriert werden dürfen die Signale nicht. Eine zweite Krise wie im Herbst 2015 könnte für Europa unabsehbare Folgen haben.