Schnappschuss
Herr
Axel H. ist ein leidenschaftlicher Fotoamateur. Wo immer es Gelegenheit für nette Schnappschüsse gibt, zückt er seinen Fotoapparat.
Neulich befand sich Herr H. in einem städtischen Sommerbad. Als er über eine Grünfläche ging, sah er plötzlich ein junges Mädchen im Bikini in der Sonne liegen, das große Ähnlichkeit mit einer früheren französischen Schauspielerin hatte. Richtig geraten, Herr Rat. Mit der Actrice Brigitte Bardot. Herr H. beschloss, die Strandschönheit seinem Album einzuverleiben, hob seinen Fotoapparat ans Auge und knipste.
„ Moment, Herr“, sagte eine Stimme hinter ihm. „ Wer hat Ihna denn die Erlaubnis gebn, dass Sie mei Braut fotografiern derfn? Da könnt a jeder kumma, schiaßt se a Büld und derzählt dann überall, des Madl is a Bade- Aufriss von eahm!“
„ Fahr oh“, sagte Herr H. gemächlich zu dem jungen Burschn. „ I fotografier, wem i wüll. Des Madl kummt in mei Sammlung und damit basta. Was bist du, a Bräutigam? Bleder Bua, du bist ja no nass hinter de Ohrn. Du brauchst auf so was no gar net denken. Geh ham, mach dei Schulaufgab.“
„ Se habn a Masel“, sagte der 23- jährige Ernst G., „ dass Se an Kranz weiße Haar rund um Ihna Glatzn habn. Vorm Alter hab i Respekt. Drum schimpf i net zrück, hau net hin, sondern nimm Ihna nur de Speicherkarte weg. Her damit!“Und schon griff Ernst G. nach der Spiegelreflexkamera.
„ Lass aus, lass aus!“, schrie Herr H. Aber der Bräutigam hatte ihm schon den Apparat weggenommen, rannte davon und nahm während des Laufens rasch die Speicherkarte heraus. Dann kam er zurück und drückte Herrn H. den Fotoapparat wieder in die Hand.
Der Staatsanwalt deklarierte das Verhalten des Ernst G. als boshafte Sachbeschädigung, weil die Kamera in der Folge nicht mehr funktionierte.
„ Mei Freundin is für Fremde tabu“, erklärte der Beschuldigte vor Gericht. „ Fotografiern tuas höchstens i, aber sonst niemand. Der Herr soll se a Fotomodel suachn, wann er a Augenweide im Album habn will.“
Weil Axel H. nicht erschienen war, wurde die Verhandlung vertagt.