„ Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel“
Die Hälfte der 2,8 Millionen österreichischen Pensionisten lebt an der Armutsgrenze. In der „ Krone“sprechen zwei Mindestrentner. Darüber, dass sie kaum genug Geld für Essen haben – und dass für sie eine kaputte Waschmaschine eine Katastrophe bedeutet.
Seine 58- Quadratmeter- Wohnung im zweiten Stock eines Gemeindebaus wirkt fast wie ein kleines Museum.
Altes Kinderspielzeug, verblichene Bücher; Bilder, Vasen, Statuen, die vor langer Zeit gefertigt wurden – stehen überall in den Regalen oder sind feinsäuberlich in Holzkisten verpackt. Erinnerungsstücke an das Früher, „ als mein Leben noch schön war“, sagt Herbert Libowsky, und seine Augen füllen sich mit Tränen.
„ Ich möchte noch einmal das Meer sehen“
Der 78- Jährige ist einer jener 1,4 Millionen Pensionisten in Österreich, die Mindestrente beziehen und damit ein Dasein an der Armutsgrenze führen.
917,48 Euro bekommt der Mann, der einst „ im Sommer am Bau, im Winter als Schneeräumer“gearbeitet hat, monatlich vom Staat ausbezahlt: „ Würde eine liebe Nachbarin nicht oft für mich mitkochen, dann blie- be mir nichts anderes übrig, als nur Nudeln und Reis zu essen. Denn abzüglich der Miete, der Kosten für Strom, Gas, Haushaltsversicherung und für die vielen Medikamente, die ich brauche, bleiben mir bloß knapp 200 Euro.“
Herbert Libowsy leidet an Diabetes, „ außerdem hatte ich schon einen argen Hinterwandinfarkt“.
Trotz seines geringen Einkommens lehnte die Krankenkasse bislang sämtliche seiner Anträge auf Befreiung von der Rezeptgebühr ab. Mit der Begründung, dass seine Bezüge um ein paar Euro zu hoch seien: „ Da fühle ich mich ziemlich im Stich gelassen.“
Wie verbringt er seine Tage? „ Ich bin meistens daheim.“Alleine.
„ Die Einsamkeit macht mir zu schaffen.“Und die Trauer. „ 2015 starb meine Frau, plötzlich, in meinen Armen, an Herzversagen.“Vor einem Jahr der nächste Schicksalsschlag. Sein Sohn, er war erst 35, „ mein einziges Kind“, hatte eine Grippe nicht auskuriert – und erlitt in der Folge ein multiples Organversagen.
„ Die Begräbnisse finanzierte ich zum Teil von meinem wenigen Ersparten, bis heute stottere ich Raten beim Bestatter ab.“
Herr Libowsky, gibt es überhaupt noch irgendwelche Freuden für Sie? „ Ja, wenn ich manchmal die Kraft habe, mich in einen Bus zu setzen, raus aus der Stadt zu fahren und in einem Wald spazieren zu gehen.“
Wovon träumen Sie? „ Davon, noch einmal das Meer sehen zu dürfen . . .“
„ Ein Kaffeehausbesuch wäre Luxus für mich“
„ Die Wünsche werden bescheiden, mit wenig Geld“, weiß Helene Stelzl, 63, aus eigener Erfahrung. 844 Euro stehen ihr monatlich zur Verfügung, in der Rente.
„ Obwohl ich von Jugend an geschuftet habe.“Zunächst als Kindergartenhelferin, später als Funkspre- cherin, Taxlerin und Teilzeitkraft in einem Callcenter. „ Ich bin zwischendurch auch zuhause gewesen. Nachdem mein Bub auf die Welt kam – und später, in meiner zweiten Ehe, kümmerte ich mich um die Kinder meines Mannes. Der allerdings irgendwann eine jüngere Frau fand und sich von mir scheiden ließ.“
Weshalb sie, „ dann ganz auf mich gestellt, mit meiner frühzeitigen Pensionierung wegen eines offenen Beins“in ein finanzielles Desaster schlitterte.
„ Ich bin froh, dass ich einen kleinen Garten habe. Da baue ich Obst und Gemüse an, was ich davon nicht gleich verbrauche, koche und friere ich ein. So komme ich das ganze Jahr halbwegs über die Runden.“
Und sonst? „ Gibt es nicht viel zu berichten – denn die Möglichkeiten, ein Leben außerhalb meiner eigenen vier Wände zu führen, sind beschränkt.“
„ Zum Glück bin ich nicht eitel und verwöhnt, das ist jetzt ein großer Vorteil“, sagt Helene Stelzl und lacht sogar ein bisschen.
Kleidung kauft sie ausschließlich in SecondhandLäden. Friseurbesuche „ kann ich mir nicht leisten, ich schneide meine Haare mittlerweile selbst“. Ein Kaffeehausbesuch wäre „ ein Luxus, auf den ich gerne verzichte. Weil ich versuchen muss, jede Woche einige Euroscheine wegzulegen, für Notfälle.“
Sollte ihr geliebter Hund, „ meine , Flocke‘“, eine Tierarztbehandlung brauchen, „ oder eines meiner Geräte den Geist aufgeben“.
Eine kaputte Waschmaschine bedeutet für die 63Jährige nämlich „ eine echte Katastrophe“.