Cannabis als Medizin
Die Cannabis- Pflanze enthält mehrere hundert Stoffe, die sich auf das Gehirn auswirken
Pflanzliche und synthetische Cannabinoide wirken sehr unterschiedlich auf das sich entwickelnde Gehirn und auf das Gehirn von Erwachsenen.
Prof. Tibor Harkany
Heutzutage rauchen Teenager im Schulalter Cannabis ( Haschisch) öfter als Tabak. „ Ebenso explodiert der Markt von synthetischen Drogen, die die Wirkung von Cannabinoiden imitieren“, so Prof. Tibor Harkany vom Zentrum für Hirnforschung der Medizinischen Universität Wien. Selbst wenn Cannabis – so man die vielfältigen, medizinisch erwünschten Wirkungen in Betracht ziehe – für sicher gehalten wird, weiß man noch nicht, ob das auch wirklich für jeden gilt.
„ Pflanzliche und synthetische Cannabinoide wirken sehr unterschiedlich auf das sich entwickelnde Ge- hirn und auf das Gehirn von Erwachsenen. Dies betrifft die verschiedenen Areale, wo sie wirken, sowie die unterschiedlichen Wirkungsweisen. Bei Kindern kann Cannabis dazu führen, dass die Kommunikation zwischen den Nervenzellen, die sich während des natürlichen Wachstumsprozesses aufbaut, gestört wird“, erklärt Harkany. Dieser Gedanke sei wichtig, da Cannabis immer mehr eine der meist favorisierten Medikationen bei behandlungsresistenter Epilepsie, speziell bei Kindern, ist. Dennoch ist weitgehend unbekannt, ob eine auf Cannabis basierende Behandlung auf lange Sicht nicht mehr schadet als hilft.
Prof. Harkany und sein Team erforschen, wie die wichtigste psychoaktive Komponente von Cannabis, Delta-9- Tetrahydrocannabinol ( THC), Gehirnwachstum und Funktion von ungeborenen Föten und Kleinkindern beeinträchtigt. „ Die Cannabis- Pflanze besteht nicht nur aus THC. Sie enthält mehrere hundert Stoffe, die sich biologisch auswirken, von denen viele besonders wirksam sind und daher in der Medizin Verwendung finden werden“, so Harkany. Deshalb ist das Verständnis wann, welche und wie eine spezifische Komponente in der modernen Medizin verwendet werden kann, eine der aufregendsten Aufgaben, mit denen die Forscher auf diesem Gebiet konfrontiert sind.
Die jüngsten Projekte von Prof. Harkany wurden vom Europäischen Forschungsrat ( European Research Council, ERC), von der Europäischen Kommission, von der Novo Nordisk Foundation, vom schwedischen Forschungsrat und von GW Pharmaceuticals gefördert.
In dieser Serie stellen wir Projekte von Spitzenforscherinnen und - forschern in Österreich vor. Ausyewohlt werden sie von Prof. Dr. Geory Wick vom Biozentrum der Medizinischen Universitot Innsbruck.