So geht der Märchenzauber flöten
Theater an der Wien: Mozarts „ Zauberflöte“, Torsten Fischer und René Jacobs
Im Zwiespalt zwischen Jubel und heftiger Kritik hinterließen Regisseur Torsten Fischer und René Jacobs am Pult der Akademie für Alte Musik ihr Publikum im Theater an der Wien: Ihre Neuproduktion von Mozarts „ Zauberflöte“präsentierte sich als monumental symbolistisches Spiel, in dem Fischer sich vom Altwiener Zaubertheater verabschiedet.
Von ägyptischen Tempeln, der großen Feuer- und Wasserprobe, den beliebten Gags Papagenos – er darf nur ein bisserl Bungeejumping üben –, den beliebten Tierszenen, der Schlange und den Vögeln verabschiedet sich Fischer. Wir sehen nur ein ( Fast-) Tier, eine Sphinx, die mit Ödipus Liebkosungen austauscht. Fischer, seine Ausstatter Herbert Schäfer und Vasilis Triantafillopoulos zeigen Fernand Khnopffs berühmtes symbolistisches Gemälde „ Caresses“, vor dem Tamino und Pamina in die untergehende Sonne schauen.
Khnopff scheint Fischer zu vielem inspiriert zu haben: etwa in Taminos Arie „ Dies Bildnis ist bezaubernd schön“, wenn schwarze Damen, die sich zu Beginn als Schlange ausgaben, den Boden fegen und ein riesiges Bild Paminas ( hier Khnopffs berühmte „ Medusa“) in einem die Bühne füllenden Spiegel sichtbar machen.
Die Freude an Symbolik führt oft zu fragwürdiger Überfrachtung. Das kann man diese ganze „ Zauberflöte“hindurch verfolgen: Die Königin der Nacht trägt Burka, die Priester aller Religionsgemeinschaften predigen Vernunft und Weisheit, der zweite Akt spielt vor einer monumentalen Klagemauer, riesige Buchstaben werden zu immer neuen Wörtern des Freimaurerlexikons kombiniert. Und die Erzfeinde Sarastro und die Königin gehen am Schluss eng aneinandergeschmiegt davon . . . Weniger Bedeutungsschwere wäre mehr gewesen, zumal die Szene mitunter etwas chaotisch wirkt. Und die vielen angerissenen Ebenen kaum zu bewältigen sind: Dualitäten von Mann und Frau, Tag und Nacht, Politik und Religion, Realität und Symbolik usw. So geht der Zauber flöten . . .
René Jacobs und die klangintensiv musizierende Akademie Berlin halten das schwankende Boot in Balance. Er lässt Tamino die Freimaurer- Kantate „ Die ihr des unermesslichen Schöpfers“von Ziegenhagen, einem Mozartfreund, am Anfang des zweiten Aktes singen. Setzt die Cembalo- Begleitung klug ein. Sorgt liebevoll für dichte Szenen und macht aus dem Klang historischer Instrumente das Beste.
Ein paar schöne Stimmen, die die Szenen tragen. Allen voran der kultivierte Bass Dimitry Ivashchenkos als Sarastro, der hinreißend kauzig- hemdsärmelige Papageno Daniel Schmutzhards, der schlanke, fast melancholisch wirkende Tenor Sebastian Kohlhepps als Tamino, die noble Pamina Sophie Karthäusers, Mina Mi- nasyan mit ihren beiden makellos gesungenen Arien der Königin der Nacht. Eher farblos hingegen: „ Monostatos“Michael Smallwood, „ Papagena“Katharina Ruckgaber, die drei Damen Christensen, Rüütel & Magiera, der Sprecher Stephan Loges.