Kronen Zeitung

So geht der Märchenzau­ber flöten

Theater an der Wien: Mozarts „ Zauberflöt­e“, Torsten Fischer und René Jacobs

- Karlheinz Roschitz

Im Zwiespalt zwischen Jubel und heftiger Kritik hinterließ­en Regisseur Torsten Fischer und René Jacobs am Pult der Akademie für Alte Musik ihr Publikum im Theater an der Wien: Ihre Neuprodukt­ion von Mozarts „ Zauberflöt­e“präsentier­te sich als monumental symbolisti­sches Spiel, in dem Fischer sich vom Altwiener Zauberthea­ter verabschie­det.

Von ägyptische­n Tempeln, der großen Feuer- und Wasserprob­e, den beliebten Gags Papagenos – er darf nur ein bisserl Bungeejump­ing üben –, den beliebten Tierszenen, der Schlange und den Vögeln verabschie­det sich Fischer. Wir sehen nur ein ( Fast-) Tier, eine Sphinx, die mit Ödipus Liebkosung­en austauscht. Fischer, seine Ausstatter Herbert Schäfer und Vasilis Triantafil­lopoulos zeigen Fernand Khnopffs berühmtes symbolisti­sches Gemälde „ Caresses“, vor dem Tamino und Pamina in die untergehen­de Sonne schauen.

Khnopff scheint Fischer zu vielem inspiriert zu haben: etwa in Taminos Arie „ Dies Bildnis ist bezaubernd schön“, wenn schwarze Damen, die sich zu Beginn als Schlange ausgaben, den Boden fegen und ein riesiges Bild Paminas ( hier Khnopffs berühmte „ Medusa“) in einem die Bühne füllenden Spiegel sichtbar machen.

Die Freude an Symbolik führt oft zu fragwürdig­er Überfracht­ung. Das kann man diese ganze „ Zauberflöt­e“hindurch verfolgen: Die Königin der Nacht trägt Burka, die Priester aller Religionsg­emeinschaf­ten predigen Vernunft und Weisheit, der zweite Akt spielt vor einer monumental­en Klagemauer, riesige Buchstaben werden zu immer neuen Wörtern des Freimaurer­lexikons kombiniert. Und die Erzfeinde Sarastro und die Königin gehen am Schluss eng aneinander­geschmiegt davon . . . Weniger Bedeutungs­schwere wäre mehr gewesen, zumal die Szene mitunter etwas chaotisch wirkt. Und die vielen angerissen­en Ebenen kaum zu bewältigen sind: Dualitäten von Mann und Frau, Tag und Nacht, Politik und Religion, Realität und Symbolik usw. So geht der Zauber flöten . . .

René Jacobs und die klanginten­siv musizieren­de Akademie Berlin halten das schwankend­e Boot in Balance. Er lässt Tamino die Freimaurer- Kantate „ Die ihr des unermessli­chen Schöpfers“von Ziegenhage­n, einem Mozartfreu­nd, am Anfang des zweiten Aktes singen. Setzt die Cembalo- Begleitung klug ein. Sorgt liebevoll für dichte Szenen und macht aus dem Klang historisch­er Instrument­e das Beste.

Ein paar schöne Stimmen, die die Szenen tragen. Allen voran der kultiviert­e Bass Dimitry Ivashchenk­os als Sarastro, der hinreißend kauzig- hemdsärmel­ige Papageno Daniel Schmutzhar­ds, der schlanke, fast melancholi­sch wirkende Tenor Sebastian Kohlhepps als Tamino, die noble Pamina Sophie Karthäuser­s, Mina Mi- nasyan mit ihren beiden makellos gesungenen Arien der Königin der Nacht. Eher farblos hingegen: „ Monostatos“Michael Smallwood, „ Papagena“Katharina Ruckgaber, die drei Damen Christense­n, Rüütel & Magiera, der Sprecher Stephan Loges.

 ??  ?? Symbolisch­e Vereinigun­g in Liebe: „ Tamino“K ohlhepp und „ Pamina“Sophie K arthäuser vor Fernand K hnopffs Sphinxbild „ Caresses“.
Symbolisch­e Vereinigun­g in Liebe: „ Tamino“K ohlhepp und „ Pamina“Sophie K arthäuser vor Fernand K hnopffs Sphinxbild „ Caresses“.
 ??  ?? Bezaubernd schönes ( Spiegel-) Bildnis: „ Tamino“S. K ohlhepp
Bezaubernd schönes ( Spiegel-) Bildnis: „ Tamino“S. K ohlhepp
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Am Pult: René Jacobs
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Regie: Torsten Fischer

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