Lieber Andreas Schieder,
Sie möchten also Wiener Landeshauptmann vulgo Bürgermeister werden! Im Rathaus dort Platz nehmen, wo Helmut Zilk selig, der König des Wiener Schmähs, gethront hat. Und Michael Häupl, der Vize- König des Wiener Schmähs, heute noch thront.
Und weil Sie um die reale Bedeutung des Schmähs im Zusammenhang mit diesem Spitzenposten an der Donau wissen, haben Sie in der Gratiszeitung „ heute“vorsorglich die folgende Selbstbeschreibung abgegeben:
„ Ich bin ein typischer Wiener mit allen seinen Eigenschaften: mal grantig, mal lustig, meistens pragmatisch. Und – nie um einen Schmäh verlegen.“
Können vor Lachen, und net bös sein, Herr Schieder: Aber wenn Mörtel Lugner plötzlich erklären möcht, er sei ein typischer Intellektueller, läge er womöglich weniger daneben als Sie mit Ihrer Selbsteinschätzung. Denn Sie mögen alles Mögliche sein, nur kein typischer Wiener, der nie um einen Schmäh verlegen ist.
Wie wär’s mit: steinkalter Karrierist, mal grantig, lustig oder pragmatisch, wie er’s grad braucht, es opportun ist auf dem Weg nach oben?
Oder: die seltene Spezies eines Apparatschiks, der sich selbstständig gemacht hat und auf den bisher praktizierten Kadavergehorsam gegenüber der Partei pfeift?
PS: Ihr Antreten ist deshalb so problematisch, weil es die Partei zu zerreißen droht, meinen Experten.
Ich meine bloß: Sie haben einfach nicht das Zeug zum Wiener Bürgermeister.