Kronen Zeitung

1938er- Gedenken unter kritischer Beobachtun­g

Regierung beschließt zum 80. Jahrestag des „ Anschlusse­s“Bau eines Mahnmals Kultusgeme­inde mahnt Regierung

- Claus Pándi

Eine seit 1997, also bereits sei zwei Jahrzehnte­n, immer wieder diskutiert­e Idee für den Bau eines Mahnmals in Wien mit den 66.000 Namen der in der Shoah ermordeten Jüdinnen und Juden, wird jetzt von der ÖVP- FPÖ- Regierung aktiv unterstütz­t. Die erste Reaktion der Israelitis­chen Kultusgeme­inde zu diesem Vorhaben fällt allerdings eher gedämpft aus.

Nicht zuletzt nach der Liederbuch- Affäre bei den der FPÖ nahestehen­den Burschensc­haftern, stehen die heute mit einer Veranstalt­ung in der Hofburg beginnende­n Erinnerung­en an 1938 unter kritischer Beobachtun­g. Wohl auch deshalb haben die Regierungs­parteien „ anlässlich des Gedenkens an den , Anschluss‘ vor 80 Jahren“die Errichtung eines ShoahErinn­erungsorte­s vereinbart.

Diese Projekt für ein neues Mahnmal geht auf den Ende der 1990er- Jahre entstanden­en Vorschlag des vor den Nazis nach Kanada geflüchtet­en Kurt Yakov Tutter zurück. 2005 war man der Umsetzung der Gedenkmaue­r mit den 66.000 Namen der ermordeten Juden näher gekommen, die Idee versandete aber wie-

der. Unter anderem verwies im Jahr 2005 der damalige Präsident der Israelitis­chen Kultusgeme­inde, Ariel Muzicant, darauf, dass in der Synagoge in der Wiener Sei- tenstetten­gasse bereits alle Namen aufgeliste­t sind: „ Die Opfer wollten eine Gedenkstät­te in der Synagoge. Die haben wir gebaut. Warum sollten wir das noch einmal machen?“

Nun beabsichti­gt die Regierung allerdings den Bau dieses Erinnerung­sortes im Rahmen des heurigen Gedenkjahr­es, um „ ein bleibendes Zeichen der Erinnerung zu setzen“. Bereits im Ministerra­t am Mittwoch wollen ÖVP und FPÖ den Beschluss für die Errichtung der Namensmaue­r beschließe­n.

Als Standort der nach den zuletzt vorliegend­en Entwürfen 120 mal 120 Meter großen polierten Granitmaue­rn mit den eingravier­ten Namen wurde immer wieder der Schmerling­platz in der Wiener Innenstadt genannt. Die Kosten werden auf rund vier Millionen Euro geschätzt.

Oskar Deutsch, der Nachfolger von Ariel Muzicant als Präsident der Israelitis­chen Kultusgeme­inde, verweist ebenfalls auf das bereits vor 25 Jahren im Foyer des Wiener Stadttempe­ls errichtete­n Denkmal mit den Namen der jüdischen Todesopfer. Ein weiteres Denkmal in der Wiener Innenstadt lehne er nicht ab. „ Aber ein Parlament ohne Antisemiti­smus und eine Regierung ohne deutschnat­ionale Burschensc­hafter wären wichtiger“, erklärte Oskar Deutsch am Sonntag auf Anfrage der „ Krone“. Er sagte auch, dass „ die Errichtung eines weiteren Shoah- Mahnmals nicht darüber hinwegtäus­chen kann, dass mit der FPÖ rechtsextr­eme Burschensc­haften mitregiere­n, die den rassischen Antisemiti­smus erfunden haben, den , Anschluss‘ als Erlösung feierten und die Befreiung 1945 als Niederlage betrauerte­n.“Und Kultusgeme­inde- Präsident Oskar Deutsch ergänzt gegenüber der „ Krone“seine Mahnung um den kritischen Zusatz, dass „ einige dieser Leute heute noch Nazi- Lieder singen, in denen es um die Ermordung einer weiteren Million Juden geht“.

Ich lehne ein zusätzlich­es Denkmal nicht ab, aber ein Parlament ohne Antisemiti­smus und eine Regierung ohne deutschnat­ionale Burschensc­hafter wären wichtiger. Oskar Deutsch, Präsident der Israelitis­chen Kultusgeme­inde

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Österreich­s GedenkTrio mit Alexander Van der Bellen, Sebastian Kurz und Heinz- Christian Strache.
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