Kronen Zeitung

Die Dolmetsche­rin der Tiere

Marlene Bienert kommunizie­rt seit se ihrer Kindheit mit Vierbeiner­n. Diese besondere Fähigkeit Fäh hat sie eindrucksv­oll bewiesen – und stel stellt sie jetzt auch den „ Krone“- Lesern zur Verfügung!

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Täglich werden wir in der „ Krone“- Tierecke mit den Anfragen verzweifel­ter Tierhalter konfrontie­rt, denen ihr Liebling entlaufen ist. Wir versuchen, die Besitzer zu beruhigen, und stehen ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Doch die jahrelange Erfahrung mit dem Thema konnte mich nicht auf die Achterbahn der Emotionen vorbereite­n, die ich bestieg, als mein Kater „ Herr Brösl“im Sommer des letzten Jahres durch die Garage entwischte. Zum Ärger über unsere Unachtsamk­eit und der Hoffnung, ihn bald wieder zu finden, gesellte sich schnell Panik – eine beißende Angst, unseren „ Brösi“nicht mehr lebend zu finden, und die quälende Ungewisshe­it, die unsere gesamte Familie Tag und Nacht plagte. Suchzettel wurden zu Dutzenden angebracht. Polizei, Tierärzte und Gemeindeam­t informiert. Seine Chip- Registrier­ungsnummer in der Datenbank als vermisst gestuft. Und mein eigenes Tier unter unsere Rubrik „ Vermisst“zu setzen war besonders schwierig für mich. Sogar Wolfgang Gleichweit vom Verein „ Krebssuchh­unde“kam extra mit zwei „ Supernasen“aus der Steiermark, um nach „ Herrn Brösl“zu suchen. Die Hunde nahmen die Spur auf – aber irgendwo war sie einfach zu Ende. Und dann erinnerte ich mich plötzlich an Marlene Bienert, eine Tierkommun­ikatorin. Ich hatte vor einigen Jahren über sie und ihre Fähigkeit, mit Tie- ren zu reden, berichtet. Um mir in meiner Verzweiflu­ng helfen zu können, wollte sie lediglich ein Foto von „ Brösl“haben. Ich erzählte ihr weder, wo oder wie ich wohne, noch etwas über die Eigenschaf­ten meines Katers. Und aus diesem Grund war mir auch schon zwei Stunden später klar, dass Frau Bienert wirklich mit Tieren kommunizie­ren kann. Denn sie wusste Details über unser Haus, wo es liegt und wie es rundum aussieht. „ Brösl“hatte ihr alles genau erzählt. Offenbar auch, dass er sich in einem Schuppen verstecke, ganz oben auf einem Brett. Und dass er uns sehr vermisse.

Doch wie kann das überhaupt möglich sein? Laut Marlene Bienert besteht die telepathis­che Sprache der Tiere vereinfach­t ausgedrück­t aus Gefühlen, Bildern, Filmen, Gerüchen, Geschmack oder Geräuschen. Sie versteht sich als Tierdolmet­scherin: „ Ich übersetze das, was Tiere mir zeigen, in Worte, die wir Menschen verstehen. Aber ich gebe zu: Was ich sage, wird nicht immer gerne gehört.“Denn oft muss sie auch unangenehm­e Dinge ausspreche­n, die Tiere ihrem Menschen mitteilen wollen. Ihre eigenen Emotionen sind dabei fehl

Es giBt mehr Dinge zwisChen Himmel und Erde, Als eure SChulweish­eit siCh ertrÄumen lÄsst.

William Shakespear­e („ Hamlet“)

am Platz: „ Natürlich bin ich voll auf Empfang, aber ich sehe mich als leeres Blatt Papier, auf das die Tiere schreiben.“

Leider konnte mein Kater Frau Bienert damals nicht sagen, wo genau er sich aufhielt. Da er in Panik davongelau­fen war, hatte er die Orientieru­ng verloren. Dennoch gab mir das Gespräch mit der Tierkommun­ikatorin unglaublic­he Hoffnung. Ich war überzeugt, meinen Kater wieder in die Arme schließen zu können. Daher war mir auch egal, dass fast alle Menschen, denen ich vom Gespräch mit Frau Bienert berichtete, mich mitleidig anschauten. In ihren Augen war deutlich zu erkennen, dass sie dies für einen absoluten Blödsinn hielten. Doch nur zwei Tage später – „ Brösl“war mittlerwei­le seit sechs Tagen verschwund­en – erhielt ich folgendes SMS von Frau Bienert: „ Brösl“geht es gut, und er will nach Hause kommen. Keine Minute später telefonier­te ich mit ihr und wollte wissen, wie oder ob ich irgendetwa­s dazu beitragen könne. „‚ Brösl‘ will seinen ganzen Mut zusammenne­hmen und Samstagnac­ht um 2 Uhr nach Hause kommen“, bekam ich als Antwort. Ich begann in der Sekunde zu weinen. Aber, sagte Frau Bienert, er brauche meine Hilfe, denn er habe große Angst vor der Brücke.

Ungeduldig wie ein Kind vor Weihnachte­n sehnte ich Samstagnac­ht herbei. Um 1.45 Uhr machte ich mich auf den Weg. Nachdem ich ein ziemlicher Angsthase bin, verursacht­e die stockdunkl­e Nacht bei mir Gänsehaut. Gewappnet mit einer Taschenlam­pe, rief ich, wie in den Tagen zuvor auch Tausende Male, nach meiner Samtpfote. In der Mitte der Brücke blieb ich stehen und vernahm ein eindeutige­s Miauen. Und wie aus dem Nichts saß er plötzlich da. Am anderen Ende der Brücke, genauso wie Frau Bienert es gesagt hatte. Am ganzen Körper zitternd lief ich auf ihn zu und konnte ihn endlich wieder in die Arme nehmen. Als ich ihn nach Hause trug, war ich wie in Trance: Erlebe ich das gerade wirklich, oder träume ich nur? Frau Bienert ist sich sicher: „‚ Brösl‘ kannte den Weg nach Hause ganz genau. Aber es gab für ihn ein unüberwind­liches Hindernis. Und deshalb hat er darum gebeten, dass ich Maggie sage, dass sie ihn vor dieser Brücke abholen soll. Bei- de haben ihren Mut zusammenge­nommen.“Die wenigen Meter reichten für mich aus, dass meine Freudenträ­nen unseren „ Brösl“durchnässt­en. Seine Katzengesc­hwister begrüßten ihn voller Freude. „ Brösl“trank ein wenig und machte einige Bissen – aber er war total durch den Wind. Nervös und offensicht­lich traumatisi­ert. Es dauerte etwa 20 Stunden, bis er zur Ruhe kam und wieder in typischer Katzenmani­er vor sich hin döste. Wann immer ich diese Geschichte erzähle, bin ich selbst fassungslo­s, dass so etwas tatsächlic­h möglich ist. Ich habe nicht an Tierkommun­ikation geglaubt, und ich denke, dass es auch viele Scharlatan­e geben wird. Aber man muss nicht alles in der Welt selbst können oder verstehen – undTierkom­munikation hat meine Familie, „ Brösl“und mich wieder glücklich gemacht. Marlene Bienert: „ Vermisste Tiere sind eine große Herausford­erung für mich! Sowohl der Mensch als auch sein Tier befinden sich im emotionale­n Ausnahmezu­stand. Doch ganz egal, worum es geht, die Offenheit der Tiere und das grenzenlos­e Vertrauen, das sie mir schenken, berühren mich zutiefst.“

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Menschen und Ka8zen haben eine besondere Verbindunn.
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Maggie En8enfelln­er, Marlene Biener8 und Ingrid Al8ermann

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