Bruckner – unvollendet vollendet
Musikverein Festival Wien: Sir Simon Rattle, „ Berliner“
Zweites Gastspielprogramm der Berliner Philharmoniker unter Sir Simon Rattle im Musikverein: Es begann mit einer kurzweiligen Erstaufführung raffinierter Orchesterstücke des Dänen Hans Abrahamsen. Danach: Bruckners unvollendete „ Neunte“, die aber nicht mit dem Adagio endete, sondern rekonstruiert erklang.
Ein allerletztes Mal Sir Simon als „ Berliner“- Chef im Musikverein. Das war ein Finale, das Eindruck hinterließ: Ein Orchester in Hochform widmete sich den drei kurzweiligen, rhythmisch raffiniert und dezent humorig gebauten „ Three Pieces for Orchestra“als Warm- up. Herzlicher Applaus für die Musiker und den anwesenden Komponisten, bevor Bruckners „ Neunte“den Goldenen Saal an diesem Sonntagvormittag flutete.
Perfekt vom ersten Streicherpult bis zur letzten Trompete lieferte das Orchester ein herrliches, kraftstrotzendes Klangbad. Rattle versagte sich den großen Brucknergottesdienst und sorgte für eine bestens organisierte und ausbalancierte Wiedergabe. Die Tempi waren überzeugend gewählt, das Adagio gelang auch diesmal zum Höhepunkt.
Diesem folgte der rekonstruierte 4. Satz. Auch wenn Bruckner dafür mehr Material als Mozart für sein Requiem hinterlassen hat, die postume Vervollständigung bleibt interessanter Versuch. In dieser Qualität lässt man ihn sich aber gerne gefallen. Großer Jubel.