Kronen Zeitung

„ Wenn ich träume, ist sie bei mir“

Es gibt nichts Schlimmere­s, als das eigene Kind zu verlieren. Zerema G. hat diese Tragödie erlebt. Am 11. Mai wurde ihre geliebte Tochter Hadishat ( 7) von einem Nachbarsbu­ben getötet. Kurz vor dem Prozess gegen den Täter spricht nun die verzweifel­te Mutt

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Sie wirkt müde, verloren – und unendlich traurig. Zarema G., Hadishats Mutter. „ Wäre meine Tochter an einer Krankheit oder bei einem Unfall gestorben“, schluchzt sie, „ würde ich es schaffen, mich mit ihrem Tod abzufinden. Aber zu wissen, dass sie ermordet wurde – damit werde ich nicht fertig.“

„ Ich höre sie schreien: , Mami, hilf mir . . . ‘“

Denn ständig sind sie da, die Gedanken daran, „ welch entsetzlic­he Qualen Hadishat erleiden musste. Diese Angst, diese Schmerzen. Ich sehe dann in meiner Fantasie ihr Gesicht vor mir, Tränen, die aus ihren Augen laufen, ich höre, wie sie nach mir schreit: , Mami, hilf mir!‘ Und ständig frage ich mich: Warum habe ich nichts gespürt, damals . . . “

Am 11. Mai – als das Mädchen „ kurz zum Spielen in den Hof gegangen“war, „ und ich dachte, meine Klei- ne wäre dort in Sicherheit.“Dass Robert K., „ dieser unauffälli­ge Nachbarsbu­b, dazu fähig sein könnte, Hadishat Böses anzutun, hätte ich niemals geglaubt“, vor der Tragödie, „ die alles zerstört hat.“

Ihr Leben, das ihrer anderen fünf Kinder: „ Die beiden Kleinsten ahnen bis heute nichts von dem Verbrechen, ich habe ihnen erzählt, ihre Schwester sei mit ihrem Papa auf einer langen Reise.“

„ Wir wollen keine Rache, bloß Gerechtigk­eit“

Der Vater – als die Tat geschah, verbüßte er wegen eines Schlepperd­elikts in Italien eine Haftstrafe, den nächsten Freigang nutzte er für eine Flucht. Angeblich nach Tschetsche­nien, in sein Heimatdorf – wo Hadishat begraben wurde.

Frau G., wo befindet sich Ihr Mann jetzt?

„ Er ruft mich nicht an, ich bekomme keine Nachrichte­n von ihm, auch nicht auf anderen Wegen. Er ist ein- fach spurlos verschwund­en. Dabei würde ich ihn doch so sehr brauchen.“

Verwandte des „ Vermissten“sollen Robert K. und dessen Familie Blutrache geschworen haben ...

„ Das stimmt nicht. Wir halten uns an die österreich­ischen Gesetze. Wir wollen keine Rache, bloß Gerechtigk­eit.“

Zarema G. und ihr ältester Sohn, Rustam ( 17), werden beim Prozess gegen den Gymnasiast­en am 19. Dezember – Hadishat wäre an diesem Tag acht Jahre alt geworden – dabei sein.

„ Wir fürchten uns davor, mit Robert in einem Raum zu sein, ihn ansehen zu müssen. Aber wir sind es Hadishat schuldig, dass wir uns dieser Aufgabe stellen. Und uns selbst auch.“

„ Ich will, dass er endlich die Wahrheit sagt“

Denn vielleicht – so die Hoffnung der 35- Jährigen – bringe die Konfrontat­ion „ mit dem Peiniger meiner Tochter ja eine Art Abschluss.“Nachsatz: „ Wenn der Bursch endlich die Wahrheit erzählt.“

Trotz eindeutige­r Ermittlung­sergebniss­e – die Frau bleibt davon überzeugt, „ dass Robert Mitwisser hatte, er von seinen Eltern gedeckt wurde“, sie ihm möglicherw­eise sogar dabei geholfen hätten, die Leiche des kleinen Mädchens zu verstecken. Im Dittes- Hof.

Monatelang lebten Zarema G. und ihre Kinder nach

Es gibt auch für mich noch einige offene Fragen zu diesem grauenhaft­en Kriminalfa­ll. Ich hoffe, dass sie beim Prozess geklärt werden können. Bloß in einer Sache bin ich mir völlig sicher: Wäre der Täter nicht so schnell gefasst worden – er hätte bald weitergemo­rdet. Nikolaus Rast, Anwalt der Opferfamil­ie

dem Drama noch in dem Gemeindeba­u, „ ein unerträgli­cher Zustand. Dauernd musste ich an der Stiege, in der Hadishat umgebracht wurde, vorbeigehe­n – und an dem Müllcontai­ner, in dem ihre Leiche gefunden wurde.“

„ Am Abend darf ich um sie weinen“

Nun, in ihrer neuen Wohnung – weit weg von WienDöblin­g – stehen in ihrem Schlafzimm­er drei große Kisten. Kleider ihrer toten Tochter, Schulhefte; Stofftiere und Puppen, die dem Mädchen einst gehörten, sind darin verstaut.

„ Abends, wenn ich alleine bin, ich mich endlich fallen lassen darf, packe ich ein paar der Sachen aus und nehme sie zu mir mit ins Bett. Ich spüre Hadishat dann ganz nah bei mir – und weine mich in den Schlaf.“

Und manchmal, „ in besonderen Nächten, träume ich von ihr. Dass sie auf meinem Schoß sitzt, mir Bussis gibt, wir miteinande­r reden und lachen. So wie früher . . . “

Ständig sind diese fürchterli­chen Gedanken in mir – daran, welch entsetzlic­he Qualen mein Mädchen vor seinem Tod erleiden musste. Diese Angst, diese Schmerzen . . . Hadishats Mutter über ihr unendliche­s Leid

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 ??  ?? Hadishat war ein besonders aufgeweckt­es und lustiges Mädchen. Am 19. Dezember – genau am Tag der Verhandlun­g – wäre sie acht Jahre alt geworden.Zarema G.: „ Puppen, Stofftiere und Kleider sind das Einzige, was mir von meiner Tochter geblieben ist.“Die Frau mit ihrem ältesten Sohn, Rustam ( 17): „ Er gibt mir großen Halt.“
Hadishat war ein besonders aufgeweckt­es und lustiges Mädchen. Am 19. Dezember – genau am Tag der Verhandlun­g – wäre sie acht Jahre alt geworden.Zarema G.: „ Puppen, Stofftiere und Kleider sind das Einzige, was mir von meiner Tochter geblieben ist.“Die Frau mit ihrem ältesten Sohn, Rustam ( 17): „ Er gibt mir großen Halt.“

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