Der Mann, der nicht zum Mond geflogen ist
Vor 50 Jahren. Wiener buchte ersten Mondflug
Wir schreiben den 7. August 1964, als der Wiener Gerhart Pistor den Schalterraum des Wiener Verkehrsbüros betritt und die Anzahlung für einen Flug in Höhe von S 500,– hinblättert. Was wie ein ganz normaler Geschäftsvorgang wirkt, war’s nicht, denn der Mann buchte keinen Flug nach München oder London, sondern – zum Mond! Mehr noch: Gerhart Pistor war der weltweit erste Mensch, dem die Berechtigung erteilt wurde, zum Mond zu fliegen. Er erhielt „Ticket Number one“, und er besitzt es heute noch.
Der Mann war nicht verrückt, ganz im Gegenteil, er war damals außenpolitischer Redakteur des KURIER. Und die Pan Am – die Pan American World Airways – akzeptierte seine Anmeldung, wobei zum Zeitpunkt der Buchung noch keine Rede davon war, dass Neil Armstrong, Edwin „Buzz“Aldrin und Michael Collins fünf Jahre später, am 20. Juli 1969, mit der Raumfähre Apollo 11 tatsächlich auf dem Mond landen würden.
Geplant im Jahr 2000
Gerhart Pistor, heute 76 Jahre alt, erhielt zwei Wochen nach der Anmeldung einen Brief der Pan Am, in dem die größte Fluggesellschaft der USA bestätigte, dass er als weltweit erster Passagier zum Mond fliegen würde. Geplant war die ungewöhnliche Reise für das Jahr 2000.
Fünf Jahre nach seiner Buchung besuchte Pistor mit neun weiteren „Mond-Passagieren“das Raumfahrtcenter Cape Kennedy in Florida. Mehrere Tausend Zeitungen berichteten in den folgenden Jahren weltweit von dem Österreicher, der zum Mond wollte. Am 21. Juli 1989 stand in der Washington Post, dass „Mr. Pistor der erste von 93.000 Personen auf der Warteliste der Pan Am“sei.
Kurz danach, im Oktober 1989, durfte Gerhart Pistor ein bisserl Mond-Atmosphäre schnuppern, als er Neil Armstrong, den ersten Mann am Mond, persönlich traf. Die Pan Am hatte den Wiener Journalisten nach New York eingeladen, wo er eine Viertelstunde mit dem Astronauten plauderte und von ihm am Ende ein Foto mit der Widmung bekam: „To Gerhart Pistor, still the first on the Luna waiting list, all good wishes, Neil Armstrong.“
Das Ende der Pan Am
Dass das große Abenteuer letztlich nicht zustande kam, liegt daran, dass die Pan Am in den Konkurs schlitterte, da ihre Kunden als Folge mehrerer Unglücksfälle das Vertrauen in die Airline verloren hatten. Vor allem nach der Flugzeugkollision 1977 in Teneriffa, bei der 583 Menschen starben, und nach dem Anschlag von Lockerbie, der 1988 über 300 Menschenleben forderte. Die einst mächtige Fluglinie gibt es seit 1991 nicht mehr.
Würde Gerhart Pistor, so er die Möglichkeit hätte, immer noch zum Mond fliegen?
„Jederzeit. Ich wünsche mir, die Erde vom Weltall aus sehen zu können. Sobald die US-Regierung das Okay für private Mondflüge gibt, wäre diese Expedition sicherer als jede Autofahrt auf der Wiener Südosttangente. Irgendwann wird es so weit sein, davon bin ich überzeugt.“
georg.markus@kurier.at