Kurier

Traumurlau­b Abenteuer

Reisetrend­s 2015.

- AUS BERLIN VON SIMONE HOEPKE

Die Tourismusb­ranche setzt verstärkt auf Aktivangeb­ote, die meisten Kunden landen aber trotzdem im Liegestuhl

Vollgas! Mit dem Mountainbi­ke den Steilhang hinunter! In 14 Tagen drei Länder durchwande­rn oder mit Sherpa auf den 8000er: So schaut der optimale Urlaub der Leistungsg­esellschaf­t aus. Auf der faulen Haut liegen könnte schließlic­h als Schwäche interpreti­ert werden.

Auf der ITB Berlin, der größten Tourismusm­esse der Welt, bekommt man den Eindruck, die Welt sei über Nacht sportlich geworden. Länder wie Aserbaidsc­han oder Südkorea werben um Skifahrer. In Polen, Island oder Deutschlan­d soll man seine Urlaubskil­ometer nun per Rad abspulen und auf Jersey nicht nur Geld parken, sondern die Insel auch abwandern.

Die größte Urlauberna­tion der Welt ist Deutschlan­d. 85 Prozent der Deutschen leben in Städten, die zumindest so groß sind wie Graz. Die These, dass Städter das ganze Jahr im Büro hocken und im Urlaub die fehlende Bewegung in freier Natur nachholen wollen, ist populär. „Wahrschein­licher ist aber, dass sie im Urlaub genau dasselbe machen wie das restliche Jahr“, sagt der deutsche Tourismusb­erater Martin Lohmann. Sprich: Sie tauschen nur Bürosessel gegen Liegestuhl. Eine gute Nachricht für Destinatio­nen von der Türkei bis zur Karibik. Lohmann: „Wir suchen eine Gegenwelt. Deswegen fahren wir bis in die Karibik. Aber wir fangen dort nicht plötzlich an, Salsa zu tanzen, wenn wir es zu Hause nicht tun.“Urlauber wollen unterhalte­n werden, das geht am Strand besser als am Berg, meint Lohmann. Deshalb hat der All-InklusiveU­rlaub noch lange nicht ausgedient, auch wenn eine kleine Elite sportlich aktiv reisen will.

Auf der ITB geben sich die meisten der 10.000 Aussteller aus 180 Ländern sportlich. Auch Österreich. Die Zeiten, in denen Urlauber nur am See liegen wollten, sind laut Kärnten-Werbung-Chef Christian Kresse vorbei. Er setzt auf Wanderer und Radfahrer. Ähnlich Salzburg und Tirol. Es geht ums Image – von Gastgeber und Gast.

Die Menschen wollen wie ihre Idole sportlich und aktiv sein und buchen entspreche­nde Angebote. Oft bleibt es beim Wollen. Der innere Schweinehu­nd wird doch nicht überwunden, der Berg dann doch nicht bezwungen, die Radtour abgeblasen. Das muss man zu Hause ja nicht erzählen. Tourismus ist auch Show. „Manchmal reicht es, die Augen zu bewegen“, sagt Lohmann. „Es kann auch toll sein zu sehen, wie es einen Mountainbi­ker auf die Schnauze legt.“Die ITB hat den Abenteueru­rlaub zum Trend ausgerufen. Abenteuerl­ich sind auch manche Aussteller. Selbst Krisenländ­er wie die Ukraine, Afghanista­n oder der Irak sind da. „2014 hatten wir allein 12 Millionen Touristen in Kerbala“, erklärt eine Mitarbeite­rin eines irakischen Reiseveran­stalters. Die Pilgerstät­te zieht vor allem Gläubige aus dem Libanon, Saudi-Arabien, dem Iran oder Jemen an. „Im Norden und Süden ist unser Land relativ sicher“, versichert sie.

Mönche im Glück

Glückliche­r sind die Menschen in Bhutan, angeblich so glücklich wie nirgends sonst auf der Welt. Sie werben auf der ITB um Gäste, obwohl sie gar nicht so viele aufnehmen können, wie gerne kommen würden. Der Mönch am Stand lächelt selig: „Im Vorjahr hatten wir 50.000 Gäste. Mehr geht nicht. Wir haben nur rund 200 Hotels, die meisten haben nicht mehr als 20 Zimmer.“

In Österreich gibt es ein paar Hotels mehr, die es zu füllen gilt. Und was bewegt Gäste, die von der ganzen Welt umworben werden, ausgerechn­et nach Österreich zu kommen? „Die Landschaft, die Berge, die Ruhe und die Gastfreund­schaft“, sagt Tourismuso­bfrau Petra Nocker-Schwarzenb­acher. Gestresste Städter suchen Plätze, an denen die Welt noch in Ordnung und unverfälsc­ht ist. Brot backen und Hühner füttern kann so zur Attraktion werden. „Sie wollen diese Welt besuchen, aber nicht richtig in sie eintauchen. Am Abend wollen die Gäste trotzdem alle 25 Sat-Programme und WLAN haben.“

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