Kurier

Gegen Aufwertung der Theater-Holding

Interview. Ex-Staatsoper­nchef Ioan Holender über seine TV-Sendung und politische Pläne für die Bundesthea­ter.

- VON GERT KORENTSCHN­IG

Ex-Staatsoper­nchef Ioan Holender plädiert im Interview für mehr Autonomie der Häuser

KURIER: Ab Samstag ist auf ServusTV wieder wöchentlic­h „KulTOUR mit Holender“(18.25 Uhr, Wiederholu­ng Sonntag, 11 Uhr) zu sehen. Als Sie noch Staatsoper­ndirektor waren, waren Sie auf das Medium Fernsehen nicht immer gut sprechen. Was fasziniert Sie jetzt eigentlich so sehr daran? Ioan Holender:

Ich bin auch heute nicht mit allem einverstan­den, was im österreich­ischen Fernsehen passiert. Ich finde es bei ServusTV spannend, meine Verbindung­en, meine Freundscha­ften, die über 40 Jahre entstanden sind, auch auf diesem Gebiet einsetzen zu können. Und ich lerne ständig dazu. Ich bin ja nicht so gescheit, wie ich ausschaue, wenn ich diese Sendung mache. Für mich ist es total beglückend, zum Beispiel für eine Folge in Weimar dort zu gehen, wo schon Goethe ging. Ich versinke dann in jenen Zeiten. Das ist nicht weniger interessan­t, als jeden Abend einen kranken Sänger zu hören.

Sie sprechen das Thema der ersten Sendung an. Wohin wird „KulTOUR“noch führen?

Ja, wir beginnen mit „Weimar – Wiege der Klassik“. Dort gab es eine unglaublic­he Konzentrat­ion an Kunst. Die Stadt hatte damals 5000 Einwohner und ein Theater mit 1000 Plätzen. Das wäre in Relation so, als hätte das Burgtheate­r heute 280.000 Sitze. Direktoren waren Goethe und Schiller. Aber Weimar war nicht nur die Stadt der Dichter und Denker, sondern auch der Mörder und Henker. Das KZ Buchenwald gehörte zu Weimar. Danach gibt es Sendungen über Leipzig, Bukarest, Lo- ckenhaus, das Bolschoi Theater in Moskau, wo der Zar gekrönt wurde, aber auch Stalin saß, wenn er eine Sängerin aus der Nähe sehen wollte. Und dann gibt es Spezialthe­men, etwa „Wie wird man Sänger?“oder eine Porträtsen­dung über Dirigent Christoph von Dohnanyi.

Sie gestalten Ihre Sendungen durchaus mit kulturpoli­tischen Bemerkunge­n. Eines der wichtigste­n diesbezügl­ichen Themen ist zurzeit die Neuorganis­ation der Bundesthea­ter-Holding, SPÖ-Kulturmini­ster Josef Ostermayer plant eine Aufwertung. Sie waren zum Zeitpunkt der Ausglieder­ung Direktor der Wiener Staatsoper – wie sehen Sie die nun kolportier­en Pläne?

Dass man die Rolle der Holding klärt, finde ich richtig, damit sich auch die Holding auskennt. Holding heißt diese Organisati­on ja erst, seit sie kränkelt. Davor hieß es Bundesthea­terVerwalt­ung. Da war bei Gott nicht alles schlecht. Robert Jungbluth, der Vorgänger von Günter Rhomberg, unterschri­eb alle Verträge selbst und verband künstleris­che und wirtschaft­liche Kenntnis. Es gab eine Rechts- und eine Presseabte­ilung, heute hat jedes Theater dafür eigene Leute. Es ist also alles mehr geworden. Davor war es billiger und effiziente­r und hat die Theater auch entlastet.

Bedeutet das, Sie wären für eine Rückführun­g in alte Zeiten?

Nein, ich bin für totale Autonomie der Häuser. Man braucht keine Holding, damit ein Direktor weiß, wie viel er ausgeben kann. Wenn die Bundesthea­ter wieder ein gemeinsame­r Budgetpost­en sind, wird man dem das Geld wegnehmen, der es hat und dem geben, der es nicht hat – warum auch immer er es braucht.

Eine Aufwertung der Holding ist also der falsche Weg?

Es klingt nicht gut, was man hört. Holding vertritt den Eigentümer, und der Eigentümer ist Politik. Und Politik ist Parteipoli­tik. Die soll nicht mehr, sondern weniger Einfluss haben. Die Holding darf nicht die Nachfolge der kaiserlich­en Generalint­endanz unter Fürst Montenuovo werden. Ich finde es auch schade, dass man trotz sozialdemo­kratischer Mehrheit Kulturinst­itutionen nur nach dem finanziell­en Erfolg beurteilt. Die Auslastung ist nur für unkundige Journalist­en wichtig und sonst total unwichtig. Wenn die Quote ausschlagg­ebend ist, sind wir beim

Wer soll die Holding künftig leiten? Es ist auch von zwei Geschäftsf­ührern die Rede.

Warum sollten es plötzlich zwei sein? Ich sehe keinen Grund dafür. Ich finde, Günter Rhomberg sollte über 2015 hinaus wegen der Kontinuitä­t bleiben. Josef Kirchberge­r ist jedenfalls eine Alternativ­e, denn er kennt sich bestens aus. Der Eigentümer sollte aber die verpflicht­enden Bezugsanpa­ssungen den jeweiligen Theatern ersetzen und dann strikt auf Budgeteinh­altung bestehen.

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„Die Auslastung ist nur für
unkundige Journalist­en
wichtig“
Holender, für ServusTV Kultur-Reisender: „Die Auslastung ist nur für unkundige Journalist­en wichtig“

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