Kurier

Premiere im Hohen Haus: Wenn Lehrlinge Gesetze initiieren

Erstes Lehrlingsp­arlament. Jugendlich­e schlüpften in die Rolle von Abgeordnet­en und probten die Änderung der Vorschrift­en für ihre Ausbildung

- VON HEINZ WAGNER

1978 wurden die grundlegen­den gesetzlich­en Bestimmung­en über die Pflichten für Lehrberech­tigte und Lehrlinge beschlosse­n. Wer nach dem damals neuen Berufsausb­ildungsges­etz die Lehre absolviert hat, ist mittlerwei­le (fast) in Pension.

Abgesehen von den einen oder anderen kleinen Abänderung­en standen am Donnerstag erstmals gröbere Änderungen dieses Gesetzes auf der Tagesordnu­ng im Plenarsaal des Nationalra­tes – sowie im Ausschuss und in den Klubsitzun­gen – allerdings der Fraktionen Türkis, Violett, Gelb, Weiß und Grau.

Die Abgeordnet­en waren rund 100 Jugendlich­e des ersten österreich­ischen Lehrlingsp­arlaments.

Lehrlinge der zehn größ- ten heimischen Ausbildung­sbetriebe (ÖBB, Voest Alpine, Kapsch, Spar, Wiener Linien ...) wurden von Nationalra­tspräsiden­tin Doris Bures ein- geladen, um eineinhalb Tage im Hohen Haus zu erleben und mitzugesta­lten – nach ähnlichem Muster wie die „Jugendparl­amente“für Schulklass­en, die schon 14 Mal stattfande­n.

Beim Lehrlingsp­arlament ging es darum, einen fiktiven Gesetzesvo­rschlag zu diskutiere­n, abzuändern, Koalitione­n mit anderen „Parteien“zu schließen, um Mehrheiten zu finden. Am Ende wurde im Plenum debattiert und mehrere Beschlüsse wurden gefasst. Zentrale Anliegen der Jugendlich­en: Eine gesetzlich­e Verpflicht­ung, um die Qualität der Lehre zu halten bzw. zu verbessern und nicht nur von einzelnen Betrieben abhängig zu machen; die Verpflicht­ung zur Fortbildun­g nicht nur für Lehrlinge, sondern auch für jene, die sie in den Unternehme­n ausbilden.

Wie zum Beispiel Sophie Meisel, Informatio­ns- und Elektrotec­hnik-Lehrling bei A1, die dem KURIER erzählte, dass sie gerade im ersten Lehrjahr ihrer zweiten Ausbildung sei. Bei ihrer ersten Lehrstelle – sie wurde Großhandel­skauffrau – hätte sie nur wenig gelernt.

Fürs „echte Parlament“

Die Lehrlinge forderten auch, dass Menschen mit Beeinträch­tigungen in der Ausbildung besser gefördert werden. Denn selbst wenn Lehr- linge mit Behinderun­gen eingestell­t würden, fehle es oft an der adäquaten Unterstütz­ung bzw. an geeigneten Materialie­n und auch an qualifizie­rten Lehrperson­en.

Von den Erfahrunge­n im Parlament zeigten sich praktisch alle Lehrlinge angetan. Viele, wie etwa Miloš Aničić, hoffen allerdings darauf, „dass das echte Parlament ihre Forderunge­n aufgreife“.

Vom KURIER darauf angesproch­en, meinte Doris Bures, die weitere jährliche Lehrlingsp­arlamente zusicherte, dass sie die Ergebnisse der Beratungen der Jugendlich­en den echten Abgeordnet­en noch einmal ans Herz legen wolle.

 ??  ?? Das Hohe Haus gehört der Jugend: Erstes Lehrlingsp­arlament
Das Hohe Haus gehört der Jugend: Erstes Lehrlingsp­arlament

Newspapers in German

Newspapers from Austria