Start-up lässt seine Nutzer nach dem Tod digital weiterleben
Unsterblichkeit. Die US-Firma eterni.me macht digitale Kopien von Kunden, um den Tod zu überlisten.
Wer sich nicht mit der Endgültigkeit des Ablebens abfinden will, ist bislang auf die Hilfe von Religionen angewiesen. Das Start-up eterni.me verlegt das Leben nach dem Tod jetzt aus spirituellen Sphären ins Internet. Kunden müssen dafür bis zu ihrem Tod eine monatliche Gebühr zahlen und der Firma Zugang zu privaten Daten geben. Mit diesen Informationen erstellt eterni.me dann ein digitales 3-D-Modell, das dem Kunden in Aussehen, Stimme und Persönlichkeit entsprechen soll. Mit diesem „Avatar“können sich Hinterbliebene nach dem Tod des Menschen online unterhalten, per Texteingabe oder über eine Sprachfunktion. Bislang haben sich 28.000 Personen für ein Nutzerkonto beworben. Im April soll eine Testversion für die ersten 100 Nutzer freigeschaltet werden. Bis zum Ende des Jahres sollen alle bisher angemeldeten Kunden mit Zugängen ausgestattet werden. Wann die Plattform komplett geöffnet wird, ist unklar, genau wie andere Details: „Über den Preis für das monatliche Abo müssen wir uns noch Gedanken machen“, sagt Marius Ursache, CEO von eterni.me, dem KURIER.
Zukunftsmusik
Realistische digitale Persönlichkeitskonstrukte sind mit heutiger Technik nicht machbar. „Um zum Zeitpunkt des Todes Chancen auf einen realistischen Avatar zu haben, dürfen Kunden heute maximal 25 Jahre alt sein. Für ältere Personen können wir trotzdem Geschichten und Erinnerungen konservieren. Die größte Herausforderung ist, das Wissen und die Erinnerungen einer Person aus den Daten zu destillieren“, sagt Ursache. Zum Start ist das Angebot nur für Englisch sprechende Nutzer zugänglich, Versionen in Deutsch und anderen Sprachen sind angedacht, werden aber noch viel Zeit brauchen.
„Anfangs werden wir Usern ermöglichen, wichtige Erinnerungen in Form von Texten, Videos und Fotos zu speichern, um eine Art interaktive Autobiografie zu schaffen. Dann werden wir Facebook und Co integrieren“, sagt Ursache. Das Scannen von eMails oder das Auslesen von Fitness-Armbändern soll in einem weiteren Schritt ebenfalls Teil des Angebots werden. Auf welche Informationen eterni.me zugreifen kann und was tatsächlich veröffentlicht wird, liegt dabei zur Gänze in der Hand der Nutzer. Je mehr Informationen ein Avatar erhält, desto realistischer soll er werden.
Kein Doppelgänger
Nutzer sollen ihre Avatare zeitlebens zusätzlich trainieren, um die Software zu verbessern. Das geschieht, indem mit dem Avatar kommuniziert wird. In einigen Jah- ren sollen die Modelle so gut sein, dass ihre Gesprächspartner das Gefühl haben, mit echten Personen zu reden. „Das wird innerhalb der nächsten zehn Jahren Realität werden“, sagt Ursache. Das Ganze ist laut Ursache eher als interaktives Archiv zu sehen, sich mit dem Hinterbliebenen unterhalten zu können, und nicht als Doppelgänger, der einen Menschen ersetzen soll.
Abo stirbt mit
Nach dem Tod, der durch vorher bestimmte Personen bestätigt werden muss, endet das Abo. „Der Avatar steht danach kostenlos zur Verfügung, idealerweise für immer“, sagt Ursache. Welche Auswirkungen Angebote wie eterni.me auf Hinterbliebene haben, ist umstritten. Einerseits lassen sich die Avatare kaum mit traditioneller Trauerarbeit vereinbaren, andererseits könnten Beziehungen zu verstorbenen Vorfahren bald die Norm werden. Für diese Fragen will eterni.me laut Ursache bald Psychologen beschäftigen.