Drama in Studenten-WG: „Schreie, als ob er nicht bei sich ist“
Zeugin im Gespräch. Die Partnerin und Nachbarin des Getöteten glaubt, dass der Verdächtige im Wahn gehandelt hat.
Warum wurde ein 28-jähriger deutscher SoziologieStudent am Mittwoch vermutlich von seinem um fünf Jahre älteren Mitbewohner Julian M. getötet? Der Exekutive gibt die Bluttat in der Seitenberggasse (Ottakring) mehrere Rätsel auf. Antwor- ten könnte Kathrin K. (*Name geändert) liefern. Die 25-Jährige wohnt unterhalb der Tatwohnung und war mit dem Opfer seit November liiert.
Im KURIER-Gespräch schildert sie, was sich vor dem Zugriff der WEGAinder Wohnung abgespielt haben dürfte. Auslöser sei kein Streit gewesen, sondern die psychische Erkrankung des 33-jährigen Verdächtigen, der die Tat gestanden haben soll.
Kathrin K. dürfte wohl die einzige Zeugin sein. Nachbarn wollen die Schreie, von denen sie erzählt, nicht wahrgenommen haben. Sie hätten so geklungen, „als ob er nicht mehr bei sich ist“. Die beschriebenen Laute kurz vor dem Vorfall stammten vom Verdächtigen, den sie seit zwei Jahren kennt und als friedfertig beschreibt.
Schizophrenie
Doch ähnlich Schreie hat sie bereits ein Mal gehört. Es sei ein schizophrener Schub des 33-Jährigen gewesen. Er habe damals mitten in der Nacht „geschrien, die Musik laut aufgedreht, getrommelt, aus dem Fenster gebrüllt, aber auch geweint.“Über seine Erkrankung und die medikamentöse Behandlung wusste das nahe Umfeld des Dissertanten auf der Universität für Bodenkultur Bescheid.
Nach den Schreien am Mittwoch um 13 Uhr rief sie „zwei oder drei Mal“ihren Freund am Handy an. Als er nicht reagierte, wollte sie oben Nachschau halten. Julian M. hatte sich verbarrikadiert, sprach mit ihr durch die verschlossene Tür. Ihr Freund sei nicht da, ließ er wissen. „Ich war irritiert“, erzählt K. Nochmals rief die 25-Jährige an und klopfte an der Tür, bevor sie die Polizei alarmierte.
Die WEGA stürmte die Wohnung. Der 28-jährige deutsche Soziologiestudent war zu diesem Zeitpunkt bereits tot. Sein Mitbewohner, so die Annahme der Ermittler, dürfte ihn erschlagen ha- ben. Die Tatwaffe konnte nicht gefunden werden, eine Obduktion soll Klarheit bringen. Die Ermittler suchen auch abseits von K.s Erzählung nach Motiven. Eine Eifersuchtstat wird nicht ausgeschlossen.
Das Leben in der Wohngemeinschaft beschreibt K. als friedlich. Es gab Kleinigkeiten, über die sich M. beschwerte – etwa einen vergessenen Polster. K. glaubt, „bei psychisch Kranken sind manchmal Kleinigkeiten die Auslöser“.