„Ich kam mir wie einbetoniert vor“
Alpinunfall. Franz Hausmann lag am Schneeberg zwei Stunden unter eine Lawine. Seine Freundin rettete ihn
„Es war wie ein Höllenritt. Ich habe mich steif gemacht und wie ein Verrückter gegen die Lawine gekämpft. Aber ich hatte keine Chance, sie hat mich einfach mitgerissen“. Dass Franz Hausmann (57) heute gemütlich bei Kaffee und Kuchen in einer Konditorei am Fuße seines Hausberges, des Schneebergs (NÖ) sitzt, grenzt an ein Wunder. Der erfahrene Alpinist, Skilehrer und Skitouren-Sportler wurde dort am 1. Februar unter einer Lawine begraben. Während kaum jemand länger als eine Stunde in den Schneemassen unbeschadet übersteht, war der zähe Sportler zwei Stunden und fünfzehn Minuten lang verschüttet, ehe er von seiner eigenen Freundin gerettet wurde.
„Es ist merkwürdig, aber meine Panik im ersten Moment war nicht verschüttet zu werden, sondern das mich die Lawine gegen einen Baum oder Felsen schmettert“, schildert „Hausi“, wie er überall im Ort genannt wird. Er bezeichnet es als „wildes Glück“, dass er, kurz bevor die Lawine zum Stillstand kam, um Haaresbreite an einem Baum vorbei schrammte. „Dann ist es finster geworden. Die Schneemassen sind von hinten über mich d’rüber“. Sein erster Gedanke war, irgendwie an sein Handy in der Jackentasche zu gelangen. „Aber ich war wie einbetoniert. So wie wenn man sich im Urlaub bis zum Hals im Sand eingraben lässt“, schildert Hausmann.
Das Letzte, an das er sich erinnern kann? „Ich habe mit der rechten Hand ver- sucht zu graben. Dann bin ich anscheinend weggekippt.“
Als Hausi nicht zum vereinbarten Treffpunkt auf der Edelweißhütte erschien, wurde Lebensgefährtin Eva Schuhböck nervös. Sie war an dem Tag ebenfalls eine Skitour gegangen. Ihr Freund kannte die Route und wollte schauen, ob er sie wo abpassen kann. Nachdem alle Ver- suche, ihn am Handy zu erreichen scheiterten, alarmierte Schuhböck die Bergrettung und machte sich selbst auf die Suche nach ihrem Freund. Sie entdeckte tatsächlich den Lawinenkegel. Nachdem es ihr gelang, den Verschütteten mit dem Lawinenpieps zu orten, begann sie sofort, ihn auszugraben. Als sie ihren Freund fand, war er ohne Lebenszeichen.
Obwohl es bereits dunkel war, nahm der Pilot des Rettungshubschraubers Christophorus 3 das Risiko in Kauf, die Edelweißhütte anzufliegen. Weil Hausmanns Körpertemperatur bereits auf 28 Grad gefallen war, musste sein Blut im Wiener AKH abgezapft, erwärmt und wieder in den Körper gepumpt werden. Die Therapie half. Der 57-Jährige erwachte bereits am nächsten Tag aus dem Koma. Laut den Ärzten hatte Hausmann Tausend Schutzengel. Dass jemand einen so langen Sauerstoffmangel ohne bleibende Gehirnschäden übersteht, gilt als fast ausgeschlossen.
24 Todesopfer
Vier Wochen nach dem Unglück ist der Tischlermeister fast wieder der Alte. Seinen Hausberg hat er bereits wieder mit Tourenskiern erklommen. Aber er ist vorsichtiger geworden. Vor allem die vielen Lawinentoten des heurigen Winters geben ihm zu denken. Bis gestern sind 24 Todesopfer zu beklagen, 13 waren es im Vorjahr. „Egal, wie erfahren man ist, es bleibt immer ein Restrisiko. Ich habe an dem Tag absolut nicht mit einer Lawine gerechnet. Das zeigt, dass man noch viel achtsamer sein muss.“