Einer der weiß, wie der Schmäh rennt
Kritik. Lukas Resetarits mit seinem 25. Programm „Schmäh“im Wiener Stadtsaal
Schmähstad war er ja nie, aber jetzt wird er auch noch weise auf seine alten Tag: Lukas Resetarits stellt sein 25. Solo unter das Generalthema „Schmäh“, von dem wir alle umzingelt sind.
Klug ist, wer’s weiß. Alle anderen erfahren beim Doyen des österreichischen Kabaretts, wer uns aller wie am Schmäh hält. Die NichtGratis-Gratis-Zeitungen zum Beispiel. Oder die Werbung, die suggeriert: „Geiz ist geil.“
Auch jene, die uns einreden wollen: „Die Märkte strafen Griechenland.“Die sogenannten Experten, die Propheten unserer Zeit ...
Am Anfang ein kleiner Zaubertrick: Resetarits zeigt sein „Talent zum Magier“. Aber es ist sowieso alles Schmäh. „Man tut so als ob, und das mögen die Leut’.“
Oder wie’s bei den Bühnenkünstlern heißt: „Der Schas ist der beste Komiker!“
Da erzählt ein guter Beobachter von seinen Kindheitserinnerungen, als ihm ein offenbar durch K.-o.- Tropfen beeinträchtigtes Christkind einen inferioren Tretroller bescherte. Als in der Besatzungszeit „die Amerikaner uns Kaugummi geschenkt – und die Russen sie uns weggenommen haben“.
Er plaudert über sein „auszahtes Gaumensegel“, das ihn schnarchen, aber nicht schlafen lässt. Über das Blödwort des Jahres: PutinVersteher. Über die Pest der Rating-Agenturen, den Shopping-Wahn und die traurige Existenz eines Letztverbraucher-Schafes. Er gibt einen präsenilen Konsumsüchtigen, der sich Kräutergefriersticks, Nie-wieder-Bücken-Teleskop-Schuhlöffel oder Kirschkernschulter- wärmer andrehen lässt – und das alles als Wirtschaftsförderung entschuldigt.
Resetarits ist in jeder Phase souverän. Und auch im Kleinen ironisch, wenn er einstreut: „Ich hab’ Ihnen schon vor Jahren erzählt, wenn’s da waren ...“Wie er Skurriles nonchalant erzählt, ist Meisterklasse.
Resetarits ist, wo sich Zen mit Wien trifft. Er hat das in sich Ruhende, auch das unruhig in sich Ruhende. Und den ungetrübten Blick auf die Absurditäten unserer Welt. Was von ihm kommt, ist ganz fern und zugleich nah.
Eigentlich ist er schon jenseits ... – WERNER ROSENBERGER